Rund 70 Demonstranten blockieren die Zufahrten des Unternehmens 4Press in Hamburg.
  • Rund 70 Demonstranten blockierten die Zufahrten des Unternehmens 4Press in Hamburg.
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Hamburger Zeitungsvertrieb blockiert: „Angriff auf die freie Presse“

Mit einer Sattelschlepper-Zugmaschine, mehreren Transportern und Autos kamen sie – ihr Ziel: Die Auslieferung von Tageszeitungen zu verhindern. In der Nacht zum Samstag blockierten rund 70 Personen ein Presseverteilzentrum in Hamburg-Rahlstedt. Die Reaktionen auf den Protest sind eindeutig, von einer „neuen, erschreckenden Dimension“ ist die Rede.

„Das ist ein Angriff auf die freie Presse“, so die dramatische Einschätzung des Bundesverbands Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV). „Weil ihnen die Berichterstattung nicht passt, nehmen Demonstranten einfach Zeitungen und Zeitschriften als Geisel.“ So ein Verhalten sei zutiefst undemokratisch.

70 Personen wollen Auslieferung von Zeitungen verhindern

Zweieinhalb Stunden lang ging nichts mehr im Verteilzentrum der Firma 4Press am Neuen Höltigbaum in Rahlstedt: Die Demonstranten blockierten Zufahrten zu dem Firmengelände. Von dem Zentrum aus werden mehrere Tageszeitungen an Verkaufsstellen in Hamburg und im Umland geliefert.

Die Polizei führte zunächst noch Kooperationsgespräche mit den Demonstranten. Nach deren Scheitern lösten die Beamten die Kundgebung am Samstag gegen 2 Uhr auf – ursprünglich wollten die Demonstranten bis 4 Uhr bleiben. Außerdem wurden Personalien aufgenommen und Kennzeichen der Fahrzeuge erfasst, darunter Autos aus Ratzeburg, Nordwestmecklenburg und Lübeck.

Welchem Spektrum genau die Demonstranten zuzurechnen sind, war zunächst unklar. An der Sattelzugmaschine hing ein Transparent mit der Aufschrift „Die Ampel flackert, gut möglich, dass sie demnächst ausgeht.“ Als Begründung für die Blockade-Aktion hieß es, dass unter anderem das „Hamburger Abendblatt“, der „Spiegel“ und die MOPO falsch über die deutschen Krisenlagen und die Bauern-Demonstrationen berichten würden.

„Presse als Fundament der Demokratie in Frage gestellt“

Laut BDZV gehe es bei solchen Angriffen auf Medien nicht um Fakten, Wahrheit oder Dialog. „Es geht darum, die freie Presse als Fundament der Demokratie in Frage zu stellen.“ Immer öfter würden Journalistinnen und Journalisten Opfer von Aggression und Gewalt, kritisierte der Verband. Die Blockade in Hamburg sei nur der jüngste Fall, in dem selbsternannte Zensoren ihnen missliebige Berichterstattung verhindern wollten.

Auch die Gewerkschaft Verdi äußerte sich zu dem Vorfall und verurteilte die Blockade scharf: „Die Ansage der Blockierer ist klar: Ihnen geht es darum, unabhängige Berichterstattung zu verhindern. Unsere Antwort ist ebenso deutlich: Wir werden als Gewerkschaft den antidemokratischen Kräften entschieden entgegentreten.“

Presseverteilzentrum in Hamburg-Rahlstedt blockiert

Der Pressegrossist 4Press will nun überprüfen, ob das Sicherheitskonzept überarbeitet werden muss, wie Geschäftsführer Joachim Sander der MOPO sagte: „Die Blockade eines unserer Presseverteilzentren ist eine neue, erschreckende Dimension. Damit wir auf solche Aktionen in Zukunft vorbereitet sind, schauen wir jetzt gemeinsam mit den anderen 4Press-Standorten, ob und wie wir unsere Sicherheitsmaßnahmen anpassen müssen.“

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Der Protest blieb im Übrigen trotz der mehrstündigen Blockade erfolglos: Die Auslieferung der Zeitungen, darunter die MOPO, konnten die Blockierer nicht verhindern. Nur vereinzelt hat es verspätete Anlieferungen im Einzelhandel gegeben.

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