Hamburger Arzt erklärt: So gefährlich ist Corona für Kinder
Schulen und Kitas sind geöffnet – und sollen in Hamburg nach jetzigem Stand auch nicht wieder geschlossen werden. Für ungeimpfte Kinder bedeutet das, dass sie sich früher oder später womöglich mit Corona infizieren werden. Ein Grund zur Sorge? Die MOPO hat beim Kinder-Chefarzt der Asklepios-Klinik Nord nachgefragt.
Die Zahlen der Gesundheitsämter in Hamburg sprechen für sich: In der Woche vom 30. August bis 5. September fielen mit 319 Fällen die meisten Infektionen auf die 6- bis 14-Jährigen zurück, das war auch in den Vorwochen schon so. Bei den 0- bis 5-Jährigen sind es immerhin 98 Fälle. Deutschlandweit ist die Lage ähnlich: Aktuell sind mehr als 654.000 Fälle unter Kindern gemeldet. „Wenn man sich die Daten des Robert-Koch-Instituts anschaut, sollte man die Erkrankung bei Kindern zumindest ernst nehmen“, sagt Prof. Dr. Markus J. Kemper, Kinder-Chefarzt bei Asklepios, im MOPO-Gespräch. Von Sorge wolle er aber nicht sprechen.
Hamburger Kinder-Chefarzt über Corona-Verläufe bei Kindern
Denn obwohl die Corona-Infektionen bei Kindern zunehmen, verlaufen die meisten davon mild. Auch in den Asklepios-Kliniken seien bisher nur wenige Kinder mit schweren Verläufen betreut worden. „Seit zwei bis drei Wochen gibt es informelle Erhebungen in Hamburgs Kliniken dazu, wie viele Kinder mit Corona-Infektionen im Krankenhaus behandelt werden. Momentan sind es insgesamt etwa fünf bis zehn Kinder pro Woche“, so Kemper.
Stationär aufgenommen würden nur diejenigen, die starke Symptome wie Husten, Schnupfen und Fieber zeigen und Sauerstoffbedarf haben. „Wir nehmen nur Kinder auf, die wir auch bei anderen Virusinfekten aufnehmen würden. Kinder mit milden Verläufen behandeln wir eher ambulant, um die Infektionskette nicht ins Krankenhaus zu bringen.“ Die stationären Fälle seien auch diejenigen, die als „schwere Verläufe“ bezeichnet werden.
Hamburg: Die meisten Corona-Erkrankungen verlaufen mild
Eine systematische Datenerhebung zu schweren Verläufen bei Kindern gibt es in Deutschland bisher allerdings noch nicht. Daher sei es laut dem Asklepios-Arzt auch schwer einzuschätzen, wie viele Kinder in Zukunft nach einer Infektion im Krankenhaus landen. Doch das, was schon über die verschiedenen Altersgruppen bekannt war, gelte nach wie vor: „Ab zehn Jahren werden Infektionen signifikant häufiger. Säuglinge werden aber auch nicht oft getestet, da ist es gar nicht so einfach einen Abstrich zu machen“, erklärt Kemper. Die Verläufe seien auch insgesamt milder. „Es gibt viele Zufallsbefunde, weil es bei Jüngeren so viele asymptomatische Fälle gibt.“
Zudem treten stärkere Symptome vermehrt bei Kindern mit bestimmten Vorerkrankungen auf. „Kinder, die etwa an Diabetes oder Adipositas leiden, haben ein etwas erhöhtes Risiko für einen schweren Corona-Verlauf. Deshalb wurde die Impfung für diese Gruppe auch zuerst freigegeben“, so Kemper weiter. „Das gilt aber nicht für Spätfolgen – die können alle Kinder treffen.“
Corona bei Kindern: PIMS als Spätfolge
Auch wenn es zu Long-Covid bei Kindern bisher noch nicht viele Daten gibt: Auf ein Phänomen weisen Ärzte immer häufiger hin. „Ein Problem bei Kindern ist das Pädiatrische Inflammatorische Multiorgan-Syndrom (PIMS), das etwa vier bis fünf Wochen nach einer Corona-Infektion als Zweiterkrankung kommt. Bei Erwachsenen gibt es das so gut wie gar nicht.“
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Bislang habe es 416 Fälle in Deutschland gegeben, bei denen Kinder diese Spätfolgen hatten. „Sie leiden unter neurologischen Problemen, Gefäßinfektionen, Ateminsuffizienz, Herzrhythmusstörungen oder Kreislaufproblemen“, erklärt der Kinderarzt. Manchmal müssten die Kinder damit auf der Intensivstation behandelt werden. Und: PIMS könne auch im Anschluss an milde Corona-Infektionen auftreten.