Hamburger Experte erklärt: Dürfen Anti-Corona-Demos verboten werden?
20.000 Personen drängten sich am vergangenen Samstag in Berlin bei einer Demo gegen die Corona-Auflagen. Von Mundschutz und Abstand? Keine Spur. In Bevölkerung und Politik werden nun Rufe nach härteren Strafen für Teilnehmer solcher Veranstaltungen laut. Doch dürfen solche „Anti-Corona-Demos“ verboten werden? Das sagen Politiker und Experten.
Für SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach muss eine Masken- und Ausweispflicht bei Demos her – bei Verstößen soll es Geldstrafen geben. „Wenn Zehntausende aggressiv dafür werben, Abstandsregeln nicht einzuhalten, dann ist das eine Gefährdung der öffentlichen Gesundheit“, sagte Lauterbach dem „NDR“. „Natürlich darf man demonstrieren, aber nicht so (…). Das gefährdet Menschenleben und ruiniert die Wirtschaft.“
Anti-Corona-Demos verbieten? Das sagt ein Experte aus Hamburg
Städtetag-Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy sieht das Demonstrationsrecht als ein hohes Gut. „Aber aus Demonstrationen heraus dürfen sich nicht neue Corona-Hotspots entwickeln. Es ist unverantwortlich, auf so engem Raum die Regeln und Auflagen nicht einzuhalten“, sagte Dedy der Funke-Mediengruppe. Deshalb fordert auch er hohe Bußgelder für Verstöße.
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Ein grundsätzliches Verbot von „Anti-Corona-Demos“? Kaum durchsetzbar, erklärt CDU-Politiker und Rechtswissenschaftler Professor Ulrich Karpen im Gespräch mit der MOPO. „Die Versammlungsfreiheit ist neben der Meinungsfreiheit die wichtigste Grundlage unserer Demokratie. Da jeder Bürger von ihr Gebrauch machen kann, entsteht ein rundes Bild darüber, was die Bevölkerung denkt.“
Die Einschränkung dieser Versammlungsfreiheit sei deshalb nur unter ganz bestimmten Bedingungen möglich. „Es ist zum Beispiel nicht erlaubt, sich auf einer Kundgebung zu vermummen; außerdem kann den Demonstranten das Betreten bestimmter Plätze verboten werden, um zum Beispiel ein Zusammentreffen mit Gegendemonstranten zu verhindern.“
Video: Das halten die Hamburger von der Demo
CDU-Innenexperte würde solche Versammlungen am liebsten verbieten
Unter Pandemiebedingungen seien auch weitere Beschränkungen denkbar. „Diese geschehen dann auf Grundlage des neuen Bundesinfektionsschutzgesetzes“, so Karpen. Nicht möglich sei jedoch, eine Demonstration schon im Voraus zu verbieten, weil dort möglicherweise Regeln gebrochen werden könnten.
CDU-Innenexperte Armin Schuster stellt sich das anders vor. Er bezeichnet Demos wie jene in Berlin als „eine Gefahr für die Allgemeinheit“, wie er der „Rheinischen Post“ sagte. Deshalb fordert er harte Konsequenzen und würde solche Versammlungen am liebsten„nur noch unter sehr viel strengeren Auflagen oder gar nicht mehr (…) genehmigen“ lassen.
Experte: Städte und Polizei müssen sich besser vorbereiten
Professor Ulrich Karpen dagegen plädiert an die Städte, sich besser auf solche Veranstaltungen vorzubereiten. Zum Beispiel durch den Einsatz von mehr Polizisten und Aufklärung über geltende Regeln und drohende Strafen.
„Wichtig ist in diesem Zusammenhang ist das Prinzip der Verhältnismäßigkeit, also die Frage, was schwerer wiegt – das Recht des Einzelnen auf freie Meinungsäußerung oder der Schutz der Allgemeinheit vor einer Ansteckung.“
Großdemo in Berlin eine „Provokation“
Die Großdemonstration in Berlin war laut Karpen nicht mehr verhältnismäßig. „Sie war provokant und deshalb musste die Polizei sie auflösen.“ Das dürfe die Polizei – eingreifen, wenn eine Grenze überschritten werde.
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Corona-Demos dürfen also im Voraus nicht verboten werden. Hat der Vorfall in Berlin dann jetzt überhaupt Konsequenzen?
„Es muss und wird eine Reaktion geben“, erklärt Karpen. So wurden bereits vor Ort mehrere Teilnehmer kurzzeitig festgesetzt und Anzeigen wegen Ordnungswidrigkeiten geschrieben. Bei weiteren Ausschreitungen am Abend in Berlin-Neukölln wurden außerdem mehrere Personen festgenommen, weil sie die Einsatzkräfte bedrohten und körperlich angriffen.
Für diese Übeltäter könnte es jetzt unangenehm werden. „Diesen Teilnehmern drohen nun entweder Bußgelder oder Anzeigen auf Grund von versuchter Körperverletzung.“ Dies kann mit bis zu einem Jahr Haft bestraft werden.