„Existenzbedrohend“: Hamburger Limo-Hersteller soll plötzlich Millionen zahlen
Mittlerweile sind Lemonaid-Limonaden ein Must-Have in jedem hippen Café. Doch dem Hamburger Limonaden-Hersteller droht eine Steuernachzahlung in Millionenhöhe – wegen seiner sozialen Projekte. Das Unternehmen fordert deshalb eine neue Sponsoring-Regel für Sozialunternehmen und starten eine Bundestagspetition.
„Wir werden abgestraft, weil wir zu viel Gutes tun“, sagte Gründer und Geschäftsführer Paul Bethke gegenüber dem „Abendblatt“. Lemonaid unterstützt mit jeder verkauften Flasche seit Jahren Sozialprojekte in Afrika, Asien und Lateinamerika. Sieben Millionen Euro sind so seit der Gründung zusammengekommen. Doch mittlerweile hat sich das Finanzamt eingeschaltet und verlangt von Lemonaid Steuernachzahlungen in Millionenhöhe. „Die Forderungen sind für uns existenzbedrohend“, so Bethke.
Hamburg: Lemonaid drohen Steuernachzahlungen in Millionenhöhe
Lemonaid versteht sich als sogenanntes Sozialunternehmen. Die Finanzierung der sozialen Projekte wird über den gemeinnützigen Verein Lemonaid & ChariTea abgewickelt, zwischen Getränkefirma und Verein besteht eine Art Sponsoringvertrag. So verpflichtet sich Lemonaid die festgelegten Beträge auch wirklich zu überweisen – unabhängig vom Geschäftserfolg und Gewinnen.
Zwei Jahre lief alles problemlos. Doch dann kam die Steuerbehörde. Das Problem: Diese Art von Sponsoring für eine gute Sache ist im deutschen Steuerrecht offenbar nicht vorgesehen. Denn um als Sponsoring anerkannt zu werden, fehlten „Gegenleistungen des Vereins“, zitiert das „Abendblatt“ aus dem Bericht im Rahmen der Steuerprüfung. „In der Folge stellen diese Zahlungen Betriebsausgaben in Form von Spenden dar.“ Aufgrund dieses „einseitigen Spendenverhaltens“ seien diese als verdeckte Gewinnausschüttungen an diejenigen Gesellschafter anzusehen, die auch Mitglied des Vereins sind.
Eine komplizierte Sache, in der das Finanzamt trotz Gesprächen und Widersprüchen durch Geschäftsführer Bethke, bislang nicht von seinem Standpunkt abweicht. Und die vereinbarten Summen einfach an den Verein spenden? Das sei keine Lösung des Problems, so Bethke. Denn nach deutschem Steuerrecht seien diese nur bis zu einer Höhe von 0,4 Prozent des Umsatzes steuerlich absetzbar. Das Engagement von Lemonaid beläuft sich nach eigenen Angaben aber auf mehr als das Fünfzehnfache dieses Werts.
Allein für den Prüfungszeitraum 2015 bis 2017 fordert die Steuerbehörde jetzt offenbar eine Nachzahlung von 650.000 Euro. Bethke befürchtet, dass die Forderungen sich danach auf alle Jahre seit Beginn des Sponsorings ausweiten. Dann müssten die Limonaden-Hersteller mehr als drei Millionen Euro ans Finanzamt abführen – Geld, das sie nicht haben, so der Geschäftsführer. Schließlich habe man die Summen über den Verein an die Projekte überwiesen.
Limonaden-Hersteller startet Bundestagspetition
„Es ist ein Irrsinn, der Sozialunternehmen generell betrifft. Diese absurde Rechtslage muss endlich geändert werden“, fodert Bethke. Lemonaid hat jetzt die Kampagne „Amtlich was kippen“ gestartet. In einer Bundestagspetition fordert das Hamburger Unternehmen, eine Grundlage dafür zu schaffen, dass die finanzielle Unterstützung gemeinnütziger Zwecke durch Sozialunternehmen als steuerlich abzugsfähige Aufwendung anerkannt wird.
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Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) versteht den Unmut: „Losgelöst vom Einzelfall, der Sache der Steuerverwaltung ist, kann ich das Anliegen und das Störgefühl von Sozialunternehmen im Hinblick auf die steuerrechtlichen Regelungen verstehen“, sagt er dem „Abendblatt“. Er werde deshalb prüfen lassen, ob die steuerrechtlichen Regelungen für Sozialunternehmen wirklich sachgerecht und interessengerecht sind. Zwar könne Hamburg hier alleine nichts ausrichten, aber die Finanzministerkonferenz und die Ampel-Koalition sollten ein Auge darauf haben. „Sozialunternehmen sind für die Weiterentwicklung einer sozialen und ökologischen Marktwirtschaft wichtig – da müssen wir prüfen, ob die Gesetze überall auf der Höhe der Zeit sind.“ (vd)