Aus Irak ausgewiesen: Hamburger Journalist war Teil der „Friedensdelegation“
Der Hamburger Fotojournalist Hinrich Schultze war Teil der „Friedensdelegation“, die am Samstag von Düsseldorf aus nach Erbil im Irak reisen wollte. Einige Mitglieder, darunter die Hamburger Bürgerschaftsabgeordnete Cansu Özdemir (Die Linke) waren am Flughafen in Deutschland festgesetzt worden. Als Grund vermutet die Abgeordnete politische Motive. Schultz schaffte es in den Irak – seine Reise endete am Flughafen.
„Ich habe gesehen, dass drei Personen in Erbil vor der Passkontrolle herausgezogen wurden“, sagt Schultze, der auch schon für die MOPO gearbeitet hat. Darunter befanden sich auch die Hamburger Asta-Vorsitzende Sophia L. und der Journalist Ramazan M. Als Schultze und andere Passagiere das Geschehen verfolgten, wurden sie ebenfalls in Gewahrsam genommen.
Hamburger Journalisten im Irak festgehalten: „Wir waren nicht erwünscht“
Bis zum nächsten Morgen wurden insgesamt etwa 27 Menschen auf einem Flur im Flughafengebäude festgehalten. „Informationen gab es kaum, uns wurde nur klar gemacht, dass wir nicht erwünscht sind“, so Schultze. In einem Nebenraum gab es einige Betten, die aber den Flughafenmitarbeitern vorbehalten waren. Neben ihrer Gruppe sollen in dem Gebäude noch andere Menschen festgesetzt worden sein.
Dass er es überhaupt nach Erbil geschafft hatte, sei wohl ein Versehen der Behörden in Düsseldorf gewesen, sagt Schultze. „Einige andere und ich waren etwas früher da als der Rest der Delegation.“ Die anderen Teilnehmer waren später über Stunden festgesetzt worden und hatten den Flug nicht mehr erreicht.
Zieht Erdogan im Hintergrund die Fäden?
Die Bundespolizei spricht in ihrer Begründung für die Festsetzung offiziell von „Gefährdungen, die die Sicherheitsbelange der Bundesrepublik Deutschland im Ausland nachhaltig schädigen könnten“. Die Bürgerschaftsabgeordnete Özdemir schilderte der MOPO, es habe Vermutungen gegeben, dass einige „als Schutzschilder der PKK“ in den Nordirak reisen wollten – und es dadurch Probleme in der Beziehung zur Türkei geben könnte. Erbil ist die Hauptstadt der kurdischen Autonomiegebiete im Irak.
Nordirak auf Ölquellen angewiesen
Schultze sagt, er habe sich eine Friedenskonferenz ansehen wollen und private Besuche geplant. Er vermutet, dass es auch bei seiner Festsetzung im Irak um politische Hintergründe ging. „Die Regionalregierung im Nordirak unterhält seit langem gute Beziehungen zur Türkei“, sagt er.
Das könnte Sie auch interessieren: Nahost-Konflikt: Erdogan hetzt die Türkei ins Abseits
Seit einem misslungenem Referendum im Jahre 2017 habe sie lukrative Landesteile an die Zentralregierung abtreten müssen und dadurch den Zugang zu wichtigen Ölquellen verloren. „Sie ist dadurch umso mehr an guten Beziehungen zur Türkei interessiert. Beziehungen, die sich auch wirtschaftlich auszahlen. Es wird hauptsächlich Geld mit dem Verkauf von Öl und Gas aus den verbliebenen Ölquellen gemacht.“
Gewerkschaft verlangt Aufklärung
Am nächsten Tag wurden Schultze und die anderen Mitglieder der Delegation nach Katar ausgewiesen und durften von dort in ihre Heimatländer reisen. Die Gewerkschaft Verdi fordert jetzt eine dringende Aufklärung der Vorfälle. Die Festsetzung der Delegationsteilnehmenden sowohl in Düsseldorf als auch in Erbil stelle sich „als abgestimmte Aktion der deutschen und irakischen Behörden“ dar, sagte Tina Fritsche, Geschäftsführerin der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) bei Verdi.