Hamburger kaufen mehr Milch : Warum unsere Bauern trotzdem in Not sind
Frischmilch in Flaschen und Tetrapaks, H-Milch, Mozzarella und Co. – die Lebensmittelmärkte konnten zeitweise gar nicht so schnell nachordern, wie die Regale sich leerten. Teils waren es Hamsterkäufe wegen Corona, teils einfach die höhere Nachfrage, weil viele Familien zu Hause geblieben sind. Doch mittlerweile steht es nicht mehr so gut um die Milch-Nachfrage.
Jetzt wird auf EU-Ebene sogar wieder über die Einlagerung von Käse, Milchpulver und Butter nachgedacht. Wir könnten wieder die alten Butterberge bekommen: Es gibt in Europa derzeit zu viel Milch auf dem Markt. Auch hier ist der Grund die Corona-Krise. In einigen Ländern wurde bereits Milch weggeschüttet.
Das liegt daran, dass auch in Deutschland längst Lebensmittel für den europäischen und internationalen Markt produziert werden. Und da zunächst die Märkte in China durch Corona wegbrachen und dann auch noch in Italien und Spanien der Absatz einbrach, gab es schnell eine Überproduktion.
Wegen Corona: Kantinen und Hotels brauchen keine Milch
Hinzu kommen stockende Lieferketten durch massive Grenzkontrollen und -schließungen und die nötigen neuen Hygiene-Vorschriften. Und alle Lebensmittelproduzenten haben das Problem, dass jetzt Großabnehmer wie Kantinen, Gastronomie und Hotels nichts ordern. Die Milchpreise sind im Keller!
Der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter warnt vor einem erneuten Höfe-Sterben in Deutschland. Denn der höhere Verbrauch im Lebensmitteleinzelhandel kann die Einbußen im Export und bei Großabnehmern bei vielen Molkereien und Bauern längst nicht kompensieren. Ein kurioses weiteres Problem: Es gibt einen Engpass bei kleinen Verpackungen, die jetzt in viel größerer Menge benötigt werden.
Video: So glücklich können Kühe sein
Kruses Hofmilch in Rellingen bei Hamburg: Käse, Joghurt, Milch
Die MOPO fragte im Raum Hamburg bei Landwirten nach. Bei Kruses Hofmilch in Rellingen werden 230 Kühe gehalten. Betriebsleiter Simon Ostermann sieht die Tiere draußen auf der Weide, wenn er aus dem Fenster blickt. In der Meierei werden Joghurt, Quark, Käse und mehr von den Kühen und Ziegen auf dem Hof produziert.
Verkauft werden Milch und weiterverarbeitete Produkte vor allem im Raum Hamburg, im Hofladen, auf Wochenmärkten und in Lebensmittelläden. Das ist jetzt das Glück des Betriebes. „Wir wollten unabhängig vom Weltmarkt sein“, sagt Ostermann. Und das hat durch die eigene Meierei geklappt. Denn dort können sie selbst entscheiden, was mit der Milch passiert.
Bauer Kruse: Noch keine Kurzarbeit durch Corona
„Bisher musste bei uns noch niemand in Kurzarbeit“, sagt Ostermann. „Aber natürlich sind uns Kunden weggebrochen.“ Etwa Kitas, Schulen und Großhandels-Kunden. „Also unsere großen Milch- und Joghurt-Gebinde mit fünf, zehn oder 20 Litern brauchen wir aktuell gar nicht.“ Und von den zwei Transportern für Lieferungen steht auch derzeit einer nutzlos herum.
Zum Glück kann der Hof das aber zu einem guten Teil durch den stark gestiegenen Verkauf von frischer Milch, Joghurt und Käse kompensieren. „Da ist die Nachfrage auf Wochenmärkten deutlich gestiegen.“
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Daher kann bisher noch die gesamte Milchmenge verarbeitet und verkauft werden. „Wenn sich das ändert, dann würden wir auf die Produktion von Käse umstellen, der reift ja länger“, so Ostermann.
Wie auch bei anderen Milchbauern sind jetzt zu Corona-Zeiten die Milchautomaten der Renner. Dort können die Kunden sich rund um die Uhr selbst bedienen und haben keinen Kontakt zu Personal oder anderen Kunden.