Hamburger Klinik verurteilt: Frau (50) verliert wegen Arztfehler beide Beine
Alptraum für eine Hamburgerin: Die Patientin (50) kam im März 2015 wegen einer Herz-OP in das Albertinen-Krankenhaus – als sie Wochen später die Klinik verließ, waren beide Unterschenkel amputiert worden. Jetzt verurteilte das Landgericht Hamburg die Klinik zu Schmerzensgeld: Nach der OP seien grobe Fehler passiert (AZ 336 O 76/17).
„Patientin klagt über Schmerzen/Brennen in den Beinen, ist sehr leidend, sitzt weinend auf der Bettkante“, „Patientin beginnt, vehement zu stöhnen“, „von starken Schmerzen geplagt, weint, windet sich im Bett“ – es sind erschütternde Sätze, die das Pflegepersonal im April 2015 in der Akte der Patientin vermerkt.
Arztfehler: Hamburger Patientin verliert beide Unterschenkel
Dabei war die fünfstündige Herzklappen-OP am 2. April 2015 erfolgreich verlaufen. Zu den schweren Komplikationen kam es erst im Anschluss: Die Patientin vertrug ein Medikament zur Thromboseprophylaxe nicht. Als Nebenwirkung kam es zu einem drastischen Mangel an Blutplättchen im Blut, der Gewebedruck in den Beinen stieg, die Durchblutung wurde immer schlechter – fünf Tage nach der OP klagte die Patientin erstmals über starke Schmerzen in den Beinen.
Zehn Tage lang, so ist es dokumentiert, versuchten die Mediziner, das Leiden mit Schmerzmitteln zu lindern, ohne die Ursachen zu suchen. Dann wurde der Gewebedruck durch Öffnungen an den Beinen chirurgisch entlastet – zu spät, wie sich herausstellte: Am 28. April 2015 mussten beide Unterschenkel unterhalb der Kniegelenke amputiert werden. Die Frau ist seitdem auf einen Rollstuhl angewiesen, braucht Pflege, ist psychisch stark angeschlagen. Sie ist arbeitsunfähig und bezieht Frührente.
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Im November 2016 reichte die Patientin Klage vor dem Landgericht Hamburg ein. 2018 machte das Gericht einen Vergleichsvorschlag: 159.500 Euro Schmerzensgeld gegen Verzicht auf alle weiteren Forderungen. Die Patientin lehnte ab.
Urteil in Hamburg: Krankenhaus muss Schmerzensgeld zahlen
Jetzt erging das Urteil: Das Albertinen-Krankenhaus muss der Patientin 170.000 Euro Schmerzensgeld zahlen, sowie die Kosten für alle vergangenen und zukünftigen Schäden übernehmen.
Begründung: Die Ärzte hätten an diese extrem seltene Nebenwirkung denken und das Thrombose-Medikament austauschen müssen, als die Patientin über Schmerzen in den Beinen klagte und die Laborergebnisse die dramatisch gesunkene Zahl der Blutplättchen zeigten.
Behandlungsfehler in Hamburger Krankenhaus
Es sei davon auszugehen, so das Gericht, dass der Klägerin bei einer „standardgerechten Behandlung“ sowohl die chirurgische Öffnung der Beine als auch die Amputationen erspart geblieben wären. Es handele sich um einen „groben Behandlungsfehler“, so hat es der Gutachter von der Charité zweifelsfrei festgestellt.
Malte Oehlschläger, Fachanwalt für Medizinrecht, hat die Hamburgerin in dem jahrelangen Verfahren vertreten. Er spricht er von einem „Etappensieg“: „Das Schmerzensgeld stellt nur einen geringen Teil des Gesamtanspruches der Klägerin dar“, betont er gegenüber der MOPO: „Sollte nun kurzfristig keine Einigung erzielt werden können, so wird hier ein weiterer Prozess zur Schadenshöhe geführt werden müssen. Darin wird es dann konkret um Verdienstausfall, Haushaltsführungsschaden, Mehrbedarfsschaden, Zuzahlung zur Medikation und Therapie etc. gehen. Die Summe dieser Beträge stellt ein Vielfaches des Schmerzensgeldes dar.“ Die Rede ist von bis 850.000 Euro.