• Es wurden schwere Vorwürfe gegen Alexandra Klein und Mirko Streiber erhoben, beides LKA-Schwergewichte.
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Hamburger Polizei: Verleumdung, Nötigung: Strafanzeige gegen Führungskräfte des LKA

Steven Baack galt einst als Vorzeige-Cop: ein Vollblut-Ermittler, der als Chef der Soko „Cold Cases“ alte Fälle wieder aufrollen sollte, von Tötungsdelikten bis zu Vermisstenfällen. Die Einheit erzielte schnell Erfolge. Doch nach dem Freispruch eines von der Soko als Täter ermittelten Mannes wurde Baack unrühmlich abgesetzt – zu Recht? Seine Unterstützer, der Ex-Staatsrat Walter Wellinghausen sowie Star-Anwalt Gerhard Strate, sagen: nein. Vielmehr habe es massive Fehler seitens des Landeskriminalamts (LKA) gegeben – und das über die Causa Baack hinaus. Gegen zwei Führungskräfte ist nun Strafanzeige gestellt worden, manches daraus liest sich wie ein Thriller-Drehbuch.

Die Anzeige richtet sich gegen Alexandra Klein und Mirko Streiber – zwei Beamte, die in den vergangenen Jahren in der Hamburger Polizei Karriere gemacht haben. Demnach werden der Chefin der Abteilung zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität und dem LKA-Chef Verleumdung, Verfolgung Unschuldiger, Nötigung und Strafvereitelung vorgeworfen. Auch um angeblich geschönte Zahlen und Drohungen geht es.

Hamburg: Verleumdung, Nötigung: Strafanzeige gegen LKA-Führung

Anlass der Strafanzeige sind die Geschehnisse um Steven Baack. 2018 wurden ihm und seinem Team in einem Mordprozess von einer Hamburger Richterin „verbotene Ermittlungsmethoden“ vorgeworfen. Der folgende Freispruch für den Angeklagten war eine Blamage für Polizei und Staatsanwaltschaft.

Alexandra Klein und Steven Baack bei einer Suchaktion im Volkspark.

Alexandra Klein und Steven Baack bei einer Suchaktion im Volkspark.

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Doch die Anschuldigungen gegen Baack konnten im Nachgang durch mehrere Arbeitsgruppen der Polizei und Staatsanwaltschaft nicht bestätigt werden. Mehr noch: Sie wurden widerlegt. Lediglich „handwerkliche Fehler“ seien gemacht worden, so das damalige Fazit des Generalstaatsanwalts, auch weil die vierköpfige Einheit zu dünn besetzt gewesen sei. Baack wurde trotzdem abgesetzt, seine Vorgesetzten aber machten weiter Karriere.

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„Es gab zu keinem Zeitpunkt ein Ermittlungsverfahren. Und auch das durch meinen Mandanten und mich selbst angestrengte Disziplinarverfahren gegen ihn führte zu der zweifelsfreien Feststellung, dass Steven Baack zu keinem Zeitpunkt ein vergleichsweise niedrigschwelliges Dienstvergehen verwirklichte“, so Anwalt Gerhard Strate zur MOPO. „Das Verfahren wurde nach Monaten der Prüfung natürlich eingestellt. Baack ist ein völlig integrer Ermittler. Ohne jeden Zweifel.“

Doch das negative öffentliche Bild blieb. Baack war der klare Verlierer in der Sache, gar als Sündenbock abgestempelt. Walter Wellinghausen, skandalerprobter Staatsrat unter Ronald Schill, ehemaliger SPD-Politiker und Anwalt von Rockern wie Polizisten, nahm sich der Sache an – und will nun klären, ob Baacks Absetzung überhaupt rechtmäßig war. Dabei kommen Details ans Licht, die das Handeln einiger LKA-Führungspersonen infrage stellen – vor allem das von Alexandra Klein und Mirko Streiber. 

Nach Vorwürfen: Soko „Cold Cases“ tat nichts Verbotenes

Beide saßen 2018, nachdem erste Zweifel an der Arbeit der Soko aufkamen und der Beschuldigte im besagten Mordfall vor Gericht freigesprochen wurde, in der sogenannten „Arbeitsgruppe Nachbereitung“ (AGN), die Fehler von Baacks Truppe aufzeigen sollte. Und das, obwohl Klein zu dem Zeitpunkt als Baacks Vorgesetzte selbst die Fachaufsicht über das Vorgehen der Soko hatte.

An einem Samstagabend im November des gleichen Jahres soll Klein Baack in ihrem Büro im Polizeipräsidium empfangen haben. Ihre Begrüßungsworte laut Anzeige: „Wir haben unsere Untersuchungen abgeschlossen. Und wir wissen jetzt, dass du nichts Verbotenes getan hast.“ Baack: „Das weiß ich. Und genau das habe ich auch die ganze Zeit gesagt.“ Klein: „Du musst trotzdem gehen, denn wir werden uns nicht mit der Staatsanwaltschaft anlegen.“

Hamburger Star-Anwalt: LKA-Chef gab „unwahre Tatsachen“ weiter

Im gleichen Gespräch soll Klein ihrem Untergebenen Baack folgendes „Angebot“ unterbreitet haben: Baack solle freiwillig zurücktreten. Dafür würde er nur zwischenzeitlich in eine Stabsstelle versetzt, doch binnen zwei Jahren auf Besoldungsstelle A13 befördert werden – was eine Menge Geld mehr bedeutet. Wenn er nicht zustimmt: Versetzung „mit allen negativen Konsequenzen“; keine Beförderung, schlechte Dienststelle, Ächtung. Klein: „Du wirst dem schon folgen, dann wissen wir ja, was wir an dir haben.“

Baack folgte dem Angebot laut Anzeige nicht. Am 15. November 2018, nur wenige Tage nach dem Gespräch, wird er von seiner Funktion als Leiter der Sonderkommission enthoben. In den folgenden zwei Monaten sucht die AGN  erneut nach Indizien, um Baack und seiner Einheit Strafbares vorzuwerfen. Strate spricht von „Summieren billiger Vorwürfe“. Dabei soll Entlastendes, das Baack der AGN zur Verfügung stellte, nicht berücksichtigt, genauso wenig von ihm aufgelistete Zeugen – seine Soko-Kollegen – angehört worden sein.

Neuer Inhalt (1)Gerhard Strate, Hamburger Star-Anwalt, vertritt Steven Baack.

Gerhard Strate, Hamburger Star-Anwalt, vertritt Steven Baack.  

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Mirko Streiber, damals AGN-Leiter, heute LKA-Chef, soll sogar in seinem Bericht an die Staatsanwaltschaft, in dem er ein Ermittlungsverfahren anregt, „unwahre Tatsachen“ weitergegeben haben. Demnach soll er von den entlastenden Beweisen gewusst, diese aber verschleiert, auch ein Gespräch mit Baack und Strate verschwiegen haben. In der dreistündigen Unterredung in der Kanzlei des Anwalts soll Streiber laut Strate zugegeben haben: „Sie haben recht. Die Vorwürfe sind zahnlos. Ich schreibe einen sehr wohlwollenden Bericht an die Staatsanwaltschaft.“

Das tat er dann aber offenbar nicht. Strate zur MOPO: „Herr Streiber saß genau neben Steven Baack. Zugegen waren auch zwei weitere Kriminalbeamte. Keiner der drei führte ein Protokoll, die ausführlichen entlastenden Darstellungen meines Mandanten wurden nicht erfasst. Weder schriftlich noch auf Tonband.“

Richterin über Klein: „Beschuldigungen wider besseren Wissens“

Damit enden die Anschuldigungen aber nicht: Alexandra Klein, polizeiintern nur „Berti“ genannt, soll laut Anzeige auch einen Mann medial als „Einbrecherkönig“ vorgestellt, ihm 200 Taten vorgeworfen haben – angeblich wissend, dass er mindestens für 120 davon gar nicht infrage kommen konnte: Arjan I. befand sich zu vielen Tat-Zeitpunkten gar nicht in Deutschland. Später wurden ihm vor dem Landgericht 16 Einbrüche nachgewiesen, für die er auch verurteilt wurde. Der MOPO liegt das schriftliche Urteil vor. Die Richterin darin über das Vorgehen Kleins: „Sie beschuldigte den Angeklagten wider besseres Wissen.“

Die mediale Vorstellung als „Einbrecherkönig“ hatte Klein, damals Chefin der Einbrecher-Spezialisten Soko „Castle“, den Anschuldigungen nach mit Drohungen durchgesetzt – und um die Zahlen der jährlich vorgestellten Polizeilichen Kriminalitätsstatistik zu schönen und für sich und ihre Einheit einen Sieg zu verbuchen.

Papieraustausch nach Drohungen: „Es war wie im Film“

Ihr Dienststellenvertreter hatte sich demnach geweigert, I. als „Einbrecherkönig“ darzustellen, und lehnte Kleins Anordnung ab. In der Folge soll er derart unter Stress gesetzt worden sein, dass er sich Monate krankmelden musste. Klein soll ihm auch damit gedroht haben, dass sie eine bereits fertige Beurteilung nachträglich schlecht formulieren würde, um ihn um seine Beförderung zu bringen. Erst nach einem Gespräch mit dem damaligen LKA-Chef Frank-Martin Heise konnten die beiden sich einigen: Er verzichtete auf eine offizielle Beschwerde, sie reichte die ursprünglich gute Bewertung ein. Ein Zeuge, der dabei war: „Der Austausch erfolgte durch das gleichzeitige Verschieben von Papieren auf dem Konferenztisch. Es war wie im Film.“

Die Strafanzeige wurde über die Abteilung 73 (Amtsdelikte) bei der Staatsanwaltschaft weiter ans Dezernat für Interne Ermittlungen (DIE) gereicht. „Der Inhalt der Strafanzeige wird auf seine strafrechtliche Relevanz hin überprüft und sodann entschieden, ob und wenn ja gegen wen Ermittlungen durchzuführen sind“, so eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Die Polizei gibt bei Ermittlungen gegen eigene Beamte keine Stellungnahmen ab.

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