Landesrabbiner Shlomo Bistritzky

Hamburgs Landesrabbiner Shlomo Bistritzky. Foto: Patrick Sun

Hamburger Rabbiner kritisiert Terminwahl für KZ-Gedenkfeier

Es war der 3. Mai 1945, als britische Truppen in die Hansestadt einrückten und die Kontrolle übernahmen. In der Hamburger KZ Gedenkstätte Neuengamme wird an diesem Tag traditionell der Opfer gedacht. Zum 80-jährigen Jubiläum findet auch in diesem Jahr wieder eine Gedenkveranstaltung statt. Kritik an dem Datum kommt jetzt vom Hamburger Landesrabbiner Shlomo Bistrizky.

Denn der 3. Mai fällt in diesem Jahr auf einen Samstag. „Als Jude kann ich an dieser Veranstaltung leider nicht teilnehmen, da sie am Schabbat stattfindet“, schrieb Bistrizky am Dienstag auf der Social-Media-Plattform X (früher Twitter).

Gedenkveranstaltung KZ Neuengamme fällt auf Samstag

Der Schabbat ist ein zentraler und heiliger Tag im Judentum, der von Freitagabend bei Sonnenuntergang bis Samstagabend bei Einbruch der Dunkelheit gefeiert wird. Es ist eine Zeit der Ruhe und des Gebets. Eine Zeit mit der Familie, in der gläubige Juden auf Strom verzichten. Elektrische Geräte sind tabu – telefonieren, kochen, fernsehen ist verboten. Auch Autos, Busse, Bahnen, Schiffe oder Flugzeuge dürfen nicht benutzt werden.

„Finden Sie das sinnvoll?“, fragte Bistrizky nun in seinem Post zum Gedenktag. „Wir waren vor 80 Jahren dabei, wir wollen auch am 80. Gedenktag dabei sein.“ In den Kommentaren pflichten ihm viele bei: „Darauf nicht zu achten, ist ja geradezu atemberaubend!“, schreibt eine Nutzerin. Andere merken wiederum an, dass die Befreiung eben an genau diesem Datum war. „Wann sollte man den Jahrestag Ihrer Meinung nach begehen?“, fragt eine andere Nutzerin.

In der Gedenkstätte zeigt man sich betroffen. „Es ist in der Tat ungünstig, dass der Tag der Befreiung des KZ Neuengamme in diesem besonderen Jahr auf einen Samstag und damit auf den Schabbat fällt“, sagt Sprecherin Iris Groschek auf MOPO-Nachfrage. „Wir bedauern, dass aus diesem Grund unser Landesrabbiner nicht an der Gedenkveranstaltung am 3. Mai teilnehmen kann.“ Man habe sich schriftlich dafür entschuldigt und um ein persönliches Gespräch gebeten.

Die Geschichte des Konzentrationslagers Neuengamme

Das KZ Neuengamme war das größte Konzentrationslager in Nordwestdeutschland. Die Häftlinge mussten dort Zwangsarbeit leisten, sie wurden medizinischen Versuchen unterzogen, wurden erhängt, erschossen oder vergast. Fast 43.000 Menschen kamen dort ums Leben. Das KZ selbst wurde von den Briten nicht befreit: Als die englischen Soldaten das Tor öffneten, war es längst geräumt, die Spuren verwischt.

Häftlinge aus dem Konzentrationslager Neuengamme heben den Stichkanal vom Klinkerwerk zur Dove-Elbe aus. dpa
Neuengamme
Häftlinge aus dem Konzentrationslager Neuengamme heben den Stichkanal vom Klinkerwerk zur Dove-Elbe aus.

Zuvor hatten SS-Soldaten die letzten Häftlinge auf sogenannte Todesmärsche geschickt. Auch in Lübeck wurden mehrere Schiffe mit über 9000 Neuengamme-Häftlingen beladen. Eingepfercht in den Laderäumen starben viele Menschen an Hunger, Durst und Krankheiten. Bei einem britischen Luftangriff am 3. Mai 1945, der die Flucht der deutschen Truppen über die Ostsee verhindern sollte, gerieten zwei der Häftlingsschiffe in Brand. 6600 Menschen verbrannten, ertranken oder wurden bei Fluchtversuchen erschossen.

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