• Vor allem die Wirkstoffe von herkömmlichen Waschmitteln machen diese zu Chemiekeulen für die Umwelt. (Symbolbild)
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Hamburgs „Chemiekeulen“ : Diese Mittel sind der Umwelt-Horror

Mülltrennung, Reste-Verwertung, Papiertüte statt Plastik-Beutel – diese umweltfreundlichen Gewohnheiten sind inzwischen hoffentlich in den meisten Köpfen verankert. Doch in den eigenen vier Wänden ist noch viel mehr zu tun. Die „Entplastifizierung“ geht im Putzschrank weiter – denn von dort werden die meisten Chemikalien ins Abwasser geschrubbt und gesprüht.

Hier ein Sprüher mehr, da ein Extra-Flaschendeckel voll Waschmittel und am besten noch das aggressivste Reinigungsmittel, um alles blitzeblank polieren zu können. Vielen ist nicht bewusst, wie umweltschädlich Putz- und Waschmittel sein können.

„Allerweltsputzmittel“ verschmutzt Hamburgs Gewässer

Wenn man ein „Allerweltsputzmittel“ kauft, kauft man meist auch die gefährlicheren Chemikalien mit, beschreibt Tristan Jorde, Sprecher der Verbraucherzentrale. In denen gebe es meist viele Zusatzstoffe, wie Bleichmittel oder Duftstoffe, die später im Klärwerk nur schwer oder gar nicht abgebaut werden können.

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David Löwe, Mitgründer von „Everdrop“, ist der Meinung, dass man gegen eine derartige Umweltverschmutzung „sofort etwas tun“ müsse. Sein Unternehmen machte es sich zum Ziel, die eigenen vier Wände zu „entplastifizieren“. Und die „Plastikwand im Putzschrank“ sei da weder schön anzusehen noch umweltfreundlich.

Unternehmen will die eigenen vier Wände „entplastifizieren“

„Everdrop“ bietet deshalb Alternativen zu herkömmlichen Chemiekeulen an: Statt Putzmittel in Plastikflaschen zu verkaufen, gibt es kleine Reinigungs-Tabs, die man zuhause dann selbst in Wasser auflöst. „Herkömmliches Putzmittel besteht zum Großteil aus Wasser, nur ein kleiner Teil ist der Wirkstoff selbst“, erklärt der 37-Jährige gegenüber der MOPO. „Wasser haben wir alle zuhause – warum in eine Plastikflasche abfüllen und dann durchs ganze Land transportieren?“

Das Konzept der Tabs, die man selbst mit Wasser vermengt, habe es schon in den 80er Jahren gegeben, so Löwe. „Aber damals wollte das keiner – bunte Plastikflaschen waren gerade ‚on vogue‘.“ Gemeinsam mit seinen beiden Mitgründern Chris Becker (40) und Daniel Schmitt-Haverkamp (35) will Löwe Nachhaltigkeit jetzt aber mit Wirtschaft und „modernem, nachhaltigen Aussehen“ verbinden.

Hamburgs pro Kopf-Verbrauch: Sieben Kilo Waschmittel im Jahr

Beim Waschmittel seien es vor allem die enthaltenen Tenside, die der Umwelt schaden würden, erklären sowohl Jorde als auch Löwe. Und von konzentriertem Waschmittel pumpt jeder Hamburger jährlich sieben Kilogramm ins Wasser. „In der Waschlauge ist das natürlich noch viel mehr“, so der Sprecher der Verbraucherzentrale.

„Der größte Chemie-Eintrag im Haushalt“: das Waschmittel

Wenn man vom herkömmlichen Waschmittel dann noch einen Extra-Schuss in die Maschine kippt, erhöht man gleichzeitig auch die Schadstoffe, die hinterher in der Umwelt landen. „Das ist der größte Chemie-Eintrag im Haushalt“, erklärt Löwe.

Auch Jorde rät dazu, nur so viel Waschmittel wie nötig – das individuell von Wasserhärte abhängt – zu verwenden. Außerdem müsse man auch nicht immer so heiß waschen. „Relativ wenig Temperatur reicht schon, um die Wäsche sauber zu kriegen“, weiß der Sprecher. 30 oder 40 Grad seien meist vollkommen ausreichend, „manchmal 60 Grad sind auch okay“. Einmal im Jahr dürfe man dann auch bei 95 Grad waschen, findet der Sprecher.

Mehr Waschmittel bedeutet mehr Umweltverschmutzung

Oft spiele das Reinheitsbedürfnis eine große Rolle in dem Wasch- und Putzverhalten der Menschen – mehr Wirkstoff bedeutet aber nicht immer gleichzeitig mehr Reinheit, sondern vor allem mehr Umweltverschmutzung. „Grundsätzlich ist es klug, wenn man Reinigungsmittel aus nachhaltigen Quellen bezieht“, so Jorde.

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Denn vor allem Füll- und Rieselstoffe aus Pulver-Waschmittel, Duftstoffe, Hygienespüler und die Flüssigpolymere aus herkömmlichen Waschmittel-Kapseln seien im Klärwerk nur schwer abbaubar, so Ole Braukmann, Sprecher von Hamburg Wasser. Auch Phosphonate aus Voll- und Color-Waschmitteln seien besonders problematisch.

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„Alles, was am Anfang der Prozesskette gar nicht erst ins Abwasser gelangt, muss hinterher nicht auf dem Klärwerk aufwendig wieder entfernt werden“, sagt Braukmann

Insofern seien „alle Produkte, die auf die oben genannten Stoffe verzichten und stattdessen biologisch abbaubare Inhaltsstoffe haben, aus unserer Sicht zu bevorzugen“. Auch sogenannte Baukasten-Waschmittel seien eine gute Alternative. Durch eine individuelle Zusammenstellung von Wirkstoffen und Wasser-Enthärtern kann man unnötigen Überschuss am besten vermeiden.

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