Verunsicherung im Hafen
  • Ein Arbeiter steht am Kai des Containerterminals Altenwerder. Die Menschen im Hafen bangen um ihre Jobs.
  • Foto: (c) dpa

Hafenarbeiter haben Angst um ihre Jobs

Der Hafen ist Hamburgs Lebensader. Doch diese Lebensader steht unter Druck. Um mit den Konkurrenten Rotterdam und Antwerpen mithalten zu können, wird seit Monaten von Politik und Wirtschaft über einschneidende Veränderungen an den Kaikanten nachgedacht. Bei den Menschen, die den Hafen Tag für Tag am Laufen halten, sorgen diese Pläne für enorme Verunsicherung.

Früher wurden Säcke geworfen. Heute werden Container per Kran gehievt. Der Siegeszug des Containers und zuletzt die fortschreitende Automatisierung haben die Arbeit im Hafen stark verändert. Von den einst 25.000 Jobs an der Elbe sind heute noch gerade mal 5000 übrig. Und es könnten noch weniger werden. Denn der Terminalbetreiber Hamburger Hafen Logistik AG (HHLA) hat bereits angekündigt, ab 2025 Kosten in Höhe von 150 Millionen Euro einsparen zu wollen – pro Jahr!

Fusionsgespräche zwischen HHLA und Eurogate sorgen für Unruhe

Zwei Maßnahmen stehen dabei im Vordergrund: Die Gespräche über eine Fusion der HHLA mit dem Bremerhavener Terminalbetreiber Eurogate stehen nach MOPO-Informationen kurz vor dem Abschluss. Beide Unternehmen wollten sich auf Nachfrage nicht zu den laufenden Gesprächen äußern. Des Weiteren verhandelt die HHLA mit der chinesischen Reederei Cosco über eine Terminalbeteiligung am Tollerort.

Die Hafenarbeiter beobachten diese Entwicklungen mit großer Sorge. „Die Fusionsgespräche gehen zu Lasten der Arbeitnehmer“, meint Felix Pospiech, Betriebsrat des Gesamthafenbetriebs (GHB). „Ich habe es noch nie erlebt, dass bei einer Fusion alle Arbeitsplätze erhalten geblieben sind.“

Hamburgs Hafenbetriebsräte befürchten massiven Stellenabbau

Auch Norbert Paulsen, Betriebsratsvorsitzender bei der HHLA, befürchtet: „Nichts ist mehr sicher. Die Pläne könnten zu einem vierstelligen Job-Abbau führen.“

Schon jetzt laste ein starker Druck auf den Arbeitnehmern. „Die Arbeitsverdichtung hat immer weiter zugenommen, so dass jetzt zwei bis drei Leute das machen, was früher vier bis fünf gemacht haben.“ Noch gebe es im Hamburger Hafen Jobs, mit denen man eine Familie ernähren könne. Der Tarifvertrag sorgt für Sicherheit. Wenn die chinesische Cosco erstmal beteiligt würde, könne sich das schnell ändern, sorgt sich Paulsen.

Beispiel Piräus: Terminalbeteiligung von Cosco bedroht Arbeitsbedingungen in Hamburg

Wie sehr, zeigt das Beispiel des Hafens von Piräus in Griechenland, den Cosco 2016 mehrheitlich übernahm. Dort wurden sofort die Gehälter und Sozialleistungen gekürzt, die Gewerkschaften ausgeschlossen, die Mitbestimmung abgeschafft. Kaum einer im Hafen glaubt, dass Cosco sich in Hamburg mit einer Minderheitsbeteiligung zufrieden geben wird. Doris Heinemann-Brooks, stellvertretende Landesbezirksvorsitzende bei Verdi, die den Hafen von Piräus häufig besucht hat, sagt: „Meinen persönlichen Beobachtungen nach wird Cosco sich mit einer kleinen Beteiligung nicht zufrieden geben. Die Chinesen bringen, wie in Griechenland, ihre eigenen Leute mit und werden versuchen, Einfluss auf die Arbeitsorganisation in Hamburg zu nehmen.“

Sorgen sich um die Jobs im Hafen: Norbert Hackbusch (Linke), Doris Heinemann-Brooks (Verdi) und Norbert Paulsen (Betriebsratsvorsitzender bei der HHLA) Florian Quandt
Job-Kahlschlag im Hafen
Sorgen sich um die Jobs im Hafen: Norbert Hackbusch (Linke), Doris Heinemann-Brooks (Verdi) und Norbert Paulsen (Betriebsratsvorsitzender bei der HHLA, v.l.)

Viele Hafenarbeiter fühlen sich von der Politik im Stich gelassen. „Uns fehlt die politische Unterstützung. Uns fehlt der politische Druck“, sagt Gesamthafen-Betriebsrat Felix Pospiech. Obwohl die Stadt Mehrheitsaktionär bei der HHLA ist, würde der rot-grüne Senat und vor allem der parteilose Wirtschaftssenator Michael Westhagemann das Unternehmen den freien Kräften des Marktes ausliefern, kritisiert auch der Linken-Bürgerschaftsabgeordnete Norbert Hackbusch. Auch bei der Hafen-Behörde HPA hat es bereits Umstrukturierungen unter anderem im gewerblichen Bereich gegeben. Die Gewerkschaft Verdi befürchtet weitere Abbaumaßnahmen. Hackbusch: „Es ist eine wichtige städtische Aufgabe, hier für gute Arbeitsbedingungen zu sorgen.“

Kritik: „Es geht nicht um die Marktposition. Es geht um Gewinne“

Ähnlich sieht das auch Hamburgs Verdi-Vizechefin Sieglinde Frieß: „Der Hafen geht nicht nur den Hafen an. Der Hafen ist eine wichtige Lebensader der Stadt!“ Diese Lebensader müsse erhalten bleiben und dürfe nicht einfach den Kapitalinteressen überlassen werden. Allein schon deshalb, weil es im Hafen noch Jobs ohne Zugangsbeschränkungen gibt. Hier finden auch Leute Arbeit, die keine Vorkenntnisse haben.

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Für die Gewerkschaft wie für die Betriebsräte hat der Erhalt der Arbeitsplätze oberste Priorität. Und sei es zur Not über die Einführung einer 30-Stunden-Woche. Auf jeden Fall aber über eine Beschränkung des Einflusses von außen – in diesem Fall Cosco. „Natürlich gibt es immer Veränderungen im Hafen. Und wir versperren uns da auch gar nicht“, betont Norbert Paulsen. Aber die Hafenarbeiter würden von Reedern, die die Preise drücken wollen, und Hafenunternehmen, die darauf reagieren, in die Zange genommen. Paulsen: „Aus unserer Sicht geht es hier nicht darum, die Marktposition zu stärken, sondern lediglich darum, Gewinne zu steigern.“

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