Hamburgs Schüler wollen keine Rückkehr zu G9
Kurz vor Beginn des Volksbegehrens zur Rückkehr zum Abitur nach neun Jahren an Hamburgs Gymnasien finden Betroffene klare Worte. Die Schüler:innenkammer, welche unter anderem alle Schüler der Gymnasien und Stadtteilschulen vertritt, lässt kein gutes Haar an dem Plan.
Wenige Tage vor Beginn der Unterschriftensammlung für das Volksbegehren zur Rückkehr zum Abitur nach neun Jahren an Hamburgs Gymnasien hat sich die Schüler:innenkammer der Hansestadt klar gegen das Projekt positioniert. G9 an Gymnasien sei kein Fortschritt für Hamburg, sagte der Vorsitzende der Schüler:innenkammer Hamburg, Thorben Bauer. „Es gibt bereits eine Schulform, die den Weg zum Abitur in 13 Jahren bietet, die Stadtteilschule.“
Hamburg hat das achtstufige Gymnasium im Schuljahr 2002/2003 eingeführt, 2010 war dann das Jahr des Doppelabiturs. Zudem gingen die Stadtteilschulen als Ersatz der Haupt- und Realschulen an den Start. In ihnen kann seither das Abitur nach neun Jahren abgelegt werden.
Gymnasien sind nicht als Eliteschulen zu betrachten
Seit 2010 herrscht in Hamburg ein sogenannter Schulfrieden, den die Fraktionen von SPD, Grünen und die damals noch als Fraktion in der Bürgerschaft vertretene FDP zuletzt 2019 in einer Rahmenvereinbarung verlängert hatten. Sie sieht vor, dass an der bestehenden Struktur aus Grundschule, Stadtteilschule und Gymnasium bis 2025 nichts verändert wird – unabhängig davon, wer künftig die Regierung stellt.
Gerade vor dem Hintergrund der Wahlfreiheit zwischen einem Abitur in acht oder neun Jahren sowie einem möglichen Schulwechsel vor Beginn der Profiloberstufe wirke das Handeln der Elterninitiative G9 nicht durchdacht, kritisierte Bauer. „Auch wenn die öffentliche Darstellung oder die Meinungen einzelner Eltern teilweise anderes behaupten, ist der Besuch eines Gymnasiums nicht besser als der einer Stadtteilschule“, betonte Bauer.
Mit einer Rückkehr zu G9 werde dagegen die Unterteilung von Gymnasien als Eliteschule und der Stadtteilschulen als Schulen „für alle anderen“ vorangetrieben, „wovon sich die Schüler:innenkammer Hamburg klar distanziert“.
Schüler:innenkammer für „Schule für alle“
Die Volksinitiative „G9 – Mehr Zeit zum Lernen! Bildungsgerechtigkeit HH“ möchte das 2010 an den Gymnasien eingeführte Abitur nach acht Jahren kippen und wie viele andere Bundesländer zum Abitur nach neun Jahren zurückkehren. Aus deren Sicht führt das Festhalten an G8 unter anderem zu einer Benachteiligung Hamburger Gymnasiasten, weil sie im Gegensatz zu Schülerinnen und Schülern anderer Bundesländer ein Jahr weniger zur Vorbereitung auf das Abitur haben, sich nach dem Abitur aber sowohl national als auch international auf dieselben Studien- und Ausbildungsplätze bewerben.
Aus Sicht der Kammer ist das jedoch der falsche Weg. „Würde die Volksinitiative sich tatsächlich für Bildungsgerechtigkeit und die Interessen von Schüler:innen einsetzen, dürfte ihr Ziel nicht zusätzliches G9 an Gymnasien sein, da dies einer Abwertung der Hamburger Stadtteilschulen gleichkommen würde“, sagte Kammer-Vize Jakob Zierep. Es wäre stattdessen sinnvoller, eine „Schule für alle“ einzuführen, die dann ebenfalls in neun Jahren zum Abitur führe.
Volksinitiative bräuchte über 60.000 Unterschriften
Die Unterschriftensammlung der Volksinitiative für das Volksbegehren startet am kommenden Dienstag. Nach Angaben des Landeswahlamts ist es erfolgreich, wenn sich ihm bis zum 30. September mindestens ein Zwanzigstel der Wahlberechtigten in Hamburg anschließen. Auf Basis der 1.316.691 Wahlberechtigten bei der Bürgerschaftswahl 2020 wären dies den Angaben zufolge 65.835 Unterstützerinnen und Unterstützer.
Bekommt die Initiative genug Unterschriften zusammen, kann sie einen bindenden Volksentscheid möglicherweise Parallel zur Bürgerschafts- oder der Bundestagswahl starten, sollte die Hamburgische Bürgerschaft weiter gegen eine Rückkehr zu G9 sein.
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Es ist bereits der zweite Anlauf für eine Rückkehr zum Abitur nach neun Jahren: 2014 war die Initiative „G9-Jetzt-HH“ jedoch beim Volksbegehren gescheitert. Statt der damals notwendigen 63.000 Unterschriften waren nur etwa 45.000 zusammengekommen.