Handwerker schlagen Alarm: Wir können nirgends mehr parken!
Mehr als 30 Anwohnerparkzonen gibt es mittlerweile in Hamburg, die nächsten sind schon längst in Planung. Die Gebiete sollen das Parken für Anwohnerinnen und Anwohner vereinfachen, sorgen dabei aber für Kopfschmerzen bei Hamburgs Handwerksbetrieben. Für diese gibt es nämlich immer weniger Parkplätze in der Stadt – und wenig Alternativen zum Auto.
Andrea Lüdtke ärgert sich. Dass die Stadt immer öfter auf das Anwohnerparken setzt und versucht, Alternativen zum Auto attraktiver zu machen, sei ja verständlich. Dass das Handwerk dabei aber offenbar übersehen wird, stört die Inhaberin des Dienstleisters „Düwels Putzservice“. Mehr als 2,5 Stunden Aufwand pro Tag erfordere die Suche nach einem Parkplatz, klagte Lüdtke in einem offenen Brief an die Hamburger Politik, der der MOPO vorliegt.
Hamburg: Handwerk beklagt fehlende Parkplätze
Dazu kämen die Gebühren für Parkplätze, die pro Monat bis zu zehn Prozent mehr Kosten verursachen würden, und die längeren Wege vom Auto zum Einsatzort und zurück: „Mehr als zynisch, zu behaupten, dass das zumutbar sei“, sagte Andrea Lüdtke. Lastenfahrräder als Alternative seien nicht sicher genug, um das Material zu transportieren – und der eh schon hohe körperliche Einsatz sei dann noch höher. Aufträge in der Innenstadt lehne sie wegen der prekären Parksituation dort „rigoros“ ab.
Die Hamburger Handwerkskammer kennt viele solcher Klagen. Die Frage nach ausreichendem Parkraum in der Stadt beschäftigt die Kammer – weil es für viele ihrer Mitglieder das Spitzenthema schlechthin ist. In einer Umfrage unter 500 Betrieben nannten jüngst 86 Prozent der Befragten Parkplatzprobleme beim Kunden als das Verkehrsproblem, das sie am meisten belaste. Selbst Behinderungen durch Staus und stockenden Verkehr – für 79 Prozent ein großes Problem – hinken in der Bedeutung hinterher.
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„Die Einführung von Bewohnerparken in historisch gewachsenen Quartieren vertreibt alteingesessene Betriebe mit kundennaher Dienstleistung und Arbeitsplätzen. Gerade Betriebe mit mehreren betriebsnotwendigen Werkstattwagen etc. sind auf flexible Genehmigungen für mehrere Fahrzeuge angewiesen, sonst werden diese aus der Stadt verdrängt“, sagte Hjalmar Stemmann, Präsident der Handwerkskammer Hamburg.
Mit Blick auf das Anwohnerparken scheint es auf den ersten Blick tatsächlich, als ob die Stadt das Handwerk schlicht übersehen hat. Denn auch Betriebe, die in einem solchen Gebiet sitzen, müssen Ausnahmeanträge stellen – und auf eine positive Prüfung ihres Einzelfalls hoffen. Die Handwerkskammer setze sich für eine sogenannte „Kontingentlösung“ ein, hieß es auf MOPO-Nachfrage.
Kammer: Handwerk ist „Teil eines lebendigen Quartiers“
Das heißt, Betriebe mit Sitz in einer Anwohnerparkzone würden ein bestimmtes Kontingent an Ausnahmegenehmigungen für ihren Fuhrpark bekommen. So könnte während der Betriebszeiten das Be- und Entladen abgesichert werden. Aber: Wenn das Anwohnerparken auch nach Betriebsschluss greift, gibt es aktuell keine Lösung. Auch das Kontingent würde dann nicht greifen.
Hier könnte die Lösung sein, dass solche Betriebe in die StVO aufgenommen und als Quartiers-Bestandteil anerkannt werden, hofft die Kammer. „Betriebe sind Bestandteil eines lebendigen Quartiers und sollten in dem Umfang Ausnahmegenehmigungen für ihre Firmenfahrzeuge erhalten, wie es deren jeweiligem Bedarf entspricht“, sagte Stemmann.
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Geht es um Einsätze bei Kunden in einer Anwohnerparkzone, ist die Lage offenbar kaum besser. Die Höchstparkdauer liegt bei drei Stunden, teils gebe es keine Tagestickets, teilte die Handwerkskammer mit. Für jede einzelne Zone müssten Handwerker:innen täglich neue Tickets lösen.
Ausnahmen würden nur für Monteurs- und Werkstattfahrzeuge gelten, die einen entsprechenden Eintrag im Fahrzeugschein benötigen. Allerdings besitze das Handwerk diesen oft nicht, die Umwidmung würde höhere Fixkosten verursachen. Die Lösung aus Kammer-Sicht: Stadtweite Serviceparkplätze, die je nach Bedarf gebucht werden können.
Hamburg unterstützt „Kontingentlösung“ für Parkplätze
Die Stadt verstehe den Bedarf des Handwerks „mittlerweile besser“, man sei im Austausch miteinander. Dennoch wünscht sich die Handwerkskammer „explizit mehr Bewegung und konkretes Handeln“ seitens der Politik. Die wiederum bekräftigte auf MOPO-Nachfrage, dass sie das Thema auf ihrer Liste stehen habe. Die Behörde für Verkehr und Mobilitätswende unterstütze die „Kontingentlösung“ und arbeite gemeinsam mit der Wirtschaftsbehörde an weiteren Lösungen.
Von „smarten Ladezonen“ ist die Rede, auch Lade- und Parkzonen für den Handel würden aktuell gebaut. Zuletzt gab es darüber hinaus Neuerungen wie digitale Anträge für Ausnahmegenehmigungen, die gut angenommen worden seien. Bei künftigen Debatten des Themas auf Bundesebene sei es das Ziel, neben den Interessen der Bewohner:innen auch die des Handwerks angemessen zu berücksichtigen.