Hausärzte, Termine, Altersgrenzen: Was Hamburger jetzt über das Impfen wissen müssen
Bis Ende des Sommers soll jeder, der will, einen Impftermin angeboten bekommen, so das Versprechen von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Angesichts der Probleme beim Impfstart glauben viele Deutsche nicht mehr daran. Gleichzeitig vermeldet das Hamburger Impfzentrum, dass am Ostermontag erstmals die Schallmauer von 7000 Impfungen pro Tag durchbrochen wurde. Und ab Dienstag wird Impfstoff auch an Arztpraxen geliefert – allerdings zunächst nur wenige Dosen.
Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur erwartet nur knapp ein Viertel (23 Prozent), dass das Ziel eingehalten wird, bis zum 21. September jedem Impfwilligen eine Corona-Impfung anzubieten.
Was Hamburger jetzt über das Impfen wissen müssen
Tatsache ist: Im Vergleich zu Ländern wie Großbritannien oder den USA sind die Impfungen in Deutschland schleppend angelaufen, weil viel zu wenig Impfstoff verfügbar war.
Jetzt scheint die Lage sich zusehends zu bessern: Erstmals seit der Eröffnung Anfang Januar hat das Impfzentrum am Montag die Schallgrenze von 7000 Impfungen an einem Tag erreicht. Insgesamt wurden über Ostern knapp 26.000 Impfungen verabreicht. Möglich wurde das durch das Absenken der Altersgrenze auf 75 Jahre.
Der Kreis Nordwestmecklenburg hat am Ostermontag sogar Menschen ab 60 Jahren geimpft. Die Altersgruppe Ü60 konnte sich im Impfzentrum Wismar ohne Termin mit AstraZeneca impfen lassen. Der Andrang: gigantisch. Wegen des großen Interesses hat der Kreis für den 17. April einen weiteren Termin für Spontan-Impfungen angesetzt.
Bis auch in Hamburg die Altersgrenze weiter gesenkt wird, kann es noch etwas dauern. Noch rund zwei, drei Wochen werden Impfzentrum und Arztpraxen damit beschäftigt sein, allen impfwilligen Hamburgern über 75 Jahre die erste Immunisierung zu verabreichen.
Hamburgs oberster Impfarzt: Mehr Tempo bei Impfungen
Das Tempo wird sich weiter erhöhen, davon ist Dr. Dirk Heinrich, ärztlicher Leiter des Impfzentrums in den Hamburger Messehallen, überzeugt: „Wir werden in den kommenden Wochen richtig Strecke machen“, so der Mediziner zur MOPO.
Auch Walter Plassmann, Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg, zeigt sich optimistisch: „Wenn der Impfstoff in der angekündigten Menge geliefert wird, kommen wir damit rasch dem ‚Turn-around‘ näher.“
Am Dienstag beginnt die Auslieferung: 940.000 Dosen stehen den 35.000 deutschen Hausärzten in der ersten Woche zu. Auf die Bevölkerungszahl umgerechnet, bekommt Hamburg davon knapp 21.000.
Hausärzte in Hamburg: Impfung auf Einladung
Ab Mittwoch oder Donnerstag könnten die ersten Impfungen in Hamburger Hausarztpraxen erfolgen – auf Einladung. Es sind die Ärzte und Ärztinnen, die entscheiden, welche ihrer Patienten zuerst von den wenigen Impfdosen profitieren sollen.
Der Altonaer Allgemeinmediziner und SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Dr. Mathias Petersen hatte in der vergangenen Woche vor Chaos gewarnt. Seine Praxis habe den Impfstoff bei einer niedersächsischen Apotheke bestellt, die allerdings kaum Dosen geliefert bekommt. Seine Praxis gehe darum gänzlich leer aus.Von Hamburger Apotheken ist so ein eklatanter Lieferengpass laut Kai-Peter Siemsen, dem Präsidenten der Apothekenkammer Hamburg, nicht bekannt.
Bundesgesundheitsministerium: Millionen Impfdosen für Deutschland
Tatsächlich soll in wenigen Wochen die Zeit des knappen Impfstoffs vorbei sein: Laut Bundesgesundheitsministerium soll Deutschland im zweiten Quartal bis zu 73,5 Millionen Dosen erhalten. Zum Vergleich: Im ersten Quartal waren es 16 Millionen Dosen.
Ab Ende April sollen schon jede Woche insgesamt drei Millionen Impfdosen an deutsche Praxen gehen, das wären rund 75.000 für Hamburger Hausärzte, dazu die 50.000 Impfungen, die das Impfzentrum pro Woche schafft. Dann wird die jetzt noch strenge Impfreihenfolge allmählich gelockert, glaubt Dr. Dirk Heinrich vom Impfzentrum: „Bei diesen Zahlen werden die Priorisierungen nicht mehr die Hauptrolle spielen.“
Karl Lauterbach (SPD): Zweitimpfungen verschieben
Um die Zahl derer zu erhöhen, die zumindest durch die Erstimpfung geschützt sind, fordert SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach, den Abstand zur Zweitimpfung bei den mRNA-Impfstoffen von Biontech und Moderna von sechs auf zwölf Wochen zu verlängern. Auf diese Weise könnten bis Juli über 60 Millionen Menschen erstgeimpft werden, so Lauterbach zur „Augsburger Allgemeinen“. Dadurch könne ein vierter Lockdown verhindert werden.
Derzeit sind gut zwölf Prozent der Deutschen mindestens einmal geimpft worden, das entspricht auch der Hamburger Quote. 5,1 Prozent der Hamburger haben bereits die zweite Impfung erhalten (Stand 5. April).
RKI-Bericht: Geimpfte tragen Virus nicht mehr weiter
Vollständig Geimpfte sollen laut Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bald von Lockerungen profitieren: „Wer vollständig geimpft wurde, kann beim Reisen oder beim Einkaufen wie jemand behandelt werden, der ein negatives Testergebnis hat.“ Hintergrund ist ein Bericht des Robert-Koch-Instituts (RKI), wonach Menschen nach der zweiten Impfung bei der Virusverbreitung „wahrscheinlich keine wesentliche Rolle mehr spielen“.