Hauskauf droht zu platzen: Hamburger Roma-Familie fühlt sich diskriminiert
Lurup –
Es sollte das Ende eines langen Leidensweges sein. Die Erfüllung eines großen Traums: ein eigenes Haus für die ganze Familie. Boban Racipovic hat lange gespart, um seiner Frau und den drei Kindern dieses Nest bieten zu können. Doch nun scheint der Traum zu platzen. Der 50-Jährige fühlt sich von den Behörden diskriminiert.
„Ich habe immer alles getan, um hier gut anzukommen“, sagt Boban Racipovic. „Ich arbeite als Busfahrer, meine Kinder haben ordentliche Ausbildungen gemacht, ich habe nie Sozialhilfe bezogen. Und jetzt scheitert der Hauskauf an Papierkram.“
Am Montag läuft die Frist für die erste Rate zum Hauskauf ab
Am 31. Mai läuft die Frist aus, bis zu der Boban Racipovic die erste Rate für das Haus in Elmshorn überweisen müsste. Mit der Bank war alles geregelt, der Kredit zugesagt. Nur eins brauchte die Bank: einen Nachweis über seinen unbefristeten Aufenthaltsstatus.
Und damit ging der Ärger los. Eigentlich ist es nur eine Formsache: Die serbische Roma-Familie lebt schon seit vielen Jahren in Deutschland. Sie flüchteten vor dem Jugoslawienkrieg nach Hamburg, wo Vater Boban als Kind schon einmal sechs Jahre lang zur Schule gegangen war. Seine Tochter Seleonora und Sohn Usko wurden in Hamburg geboren. In der Schule gehörten sie zu den guten Schülern, Seleonora wurde sogar vom Senat ausgezeichnet. Trotzdem drohte der Familie 2012 die Abschiebung. Die Racipovics begaben sich ins Kirchenasyl. Dank eines großen Freundes- und Unterstützerkreises gelang es ihnen, eine Duldung zu bekommen. Inzwischen steht ihnen eine Niederlassungserlaubnis zu.
„Mir werden immer wieder Steine in den Weg geworfen!“
Doch als Boban Racipovic die Erlaubnis, die die Behörde braucht, im Winter beantragte, ahnte er nicht, wie kompliziert die Sache werden würde. „Wir erfüllen alle Voraussetzungen. Aber mir werden immer wieder Steine in den Weg gelegt“, klagt der Busfahrer. Erst wurde seine Berufsausbildung als Kraftfahrer nicht anerkannt. Boban musste erst Nachweise erbringen. Dann wurde angezweifelt, dass er die notwendigen 60 Monatsbeiträge für die Rentenkasse erbracht hat. Als er diese mit Unterstützung mehrerer befreundeter Sozialarbeiter und eines Finanzberaters nachwies, verlangte das Einwohneramt in Altona einen Deutsch-Test.
„Das ist absurd!“, schimpft Birgit Sokolowski, Leiterin der Elternschule Mümmelmannsberg, die die Familie unterstützt. „Die Racipovics sind deutscher als deutsch! Boban ist hier als Kind zur Schule gegangen.“Auch Ludwig von Schorlemer, ein Finanzmanager, der die Familie berät, meint: „Das ist Schikane!“
Prozess zieht sich schon ein halbes Jahr hin
Schließlich musste Boban Racipovic auch noch einen Einbürgerungstest machen. Das Ergebnis steht noch aus. „Ich habe den Test am 4. Mai gemacht und bestanden. Ich habe alles gewusst. Aber das Zeugnis kommt einfach nicht.“ Die Zeit drängt. Ohne dieses Zeugnis, das vom Bundesministerium für Migration ausgestellt wird, will das Einwohneramt die Niederlassungsgenehmigung nicht ausstellen. Und ohne Genehmigung kann die Bank die am Montag fällige Rate nicht überweisen.
„Es ist mir unbegreiflich, warum ein Verwaltungsakt so lange dauert. Die Sache zieht sich schon ein halbes Jahr hin!“, so Ludwig von Schorlemer. Auch Pastor Michael Schirmer aus Altona hat an die Behörde geschrieben und um Beschleunigung gebeten.
Bezirksamt: Es handelt sich nicht um einen Härtefall
Der Sprecher des Bezirksamts erklärt die Sachlage so: „Bei der Erteilung einer Niederlassungserlaubnis ist die zuständige Abteilung des Bezirksamtes Altona an rechtliche Vorgaben gebunden. Das bedeutet, dass eine Niederlassungserlaubnis erst dann erteilt werden kann, wenn sämtliche dafür notwendigen Unterlagen vorliegen. In der beschriebenen Angelegenheit ist dies bedauerlicherweise nicht der Fall“, so Mike Schlink. Neben dem fehlenden Zeugnis über einen abgeschlossenen Integrationskurs gebe es Unklarheiten hinsichtlich der Rentenbeiträge. Diese Frage werde aktuell noch geprüft. Das Bezirksamt bemühe sich um eine zeitnahe Bearbeitung.
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Klar sei aber auch: „Da an dieser Stelle jedoch kein Härtefall vorliegt – etwa weil die Aufenthaltserlaubnis in Kürze enden würde – wird der Antrag des Antragstellers ebenso behandelt wie andere Anträge auch, also nach deren Eingang bzw. Vorlage der für die Bearbeitung notwendigen Unterlagen.“
Wohnung ist gekündigt: Familie droht die Obdachlosigkeit
Wenn die Papiere nicht bis Montag vorliegen, droht der Hauskauf zu platzen. Einzige Chance: dass die bisherige Hauseigentümerin die Frist verlängert. Doch danach sieht es bisher nicht aus. „Eine Rückabwicklung wäre der Worst Case“, so von Schorlemer. Denn es wäre nicht nur das Haus futsch. Die Racipovics müssten die teuren Notarkosten trotzdem zahlen, möglicherweise sogar eine Zinsforderung der Eigentümerin übernehmen.
Schlimm: Es droht sogar die Obdachlosigkeit! Denn die Wohnung der Racipovics in Lurup ist zum 30. Juni gekündigt. Wenn nicht noch etwas geschieht, steht die Familie am 1. Juli auf der Straße.