Ein Eck-Lokal im Retro-Stil
  • Das „Funk-Eck“ gibt es bereits seit 1950. Es wird mittlerweile in dritter Generation geführt. (Archivbild)
  • Foto: Archiv

Hilferuf einer Traditionsgaststätte: Promi-Lokal startet Spendenaufruf

Das „Funk-Eck“ in Rotherbaum ist mehr als ein Lokal: Seit 75 Jahren gibt es hier Frühstück, Torten oder bodenständigen Mittagstisch –und das 365 Tage im Jahr. Prominente und Anwohner lassen es sich an der Rothenbaumchaussee schmecken. Mitte Oktober kam die Schocknachricht: das „Funk-Eck“ ist insolvent. Alexa Grau ist die Enkelin des Gründers Richard Besch und quasi in dem Lokal aufgewachsen. Um die Traditionsgaststätte zu retten, hat sie jetzt einen Spendenaufruf gestartet.

Im Inneren des „Funk-Ecks“ ist die Zeit ein Stück weit stehen geblieben. Die kleine goldene Uhr hinter der Tortentheke, die himmelblauen Polstergarnituren, die dunklen Holzschränke und die kleinen goldenen Kronleuchter scheinen zum Teil schon seit der Eröffnung am 1. Mai 1950 an ihrem Platz zu stehen oder zu hängen. Auf der Speisekarte stehen ausschließlich Klassiker wie Labskaus, Schnitzel und Kalbsleber.

Doch auch Traditionslokale kämpfen mit Problemen – wie viele andere Gastro-Betriebe derzeit. Die Nachwirkungen von Corona, die Erhöhung der Mehrwertsteuer zurück auf 19 Prozent, eine fünfstellige Nachzahlung von Vattenfall sowie die Inflation machen dem „Funk-Eck“ zu schaffen. Die Kostensteigerungen wollten die Inhaber aber auf keinen Fall einfach an die Gäste weitergeben. „Vielen unserer Gäste geht es finanziell ja auch nicht so gut. Die rechnen mit ihrer Rente. Wenn das Mittagessen dann auf einmal 20 Prozent mehr kostet, können sie sich das nicht mehr leisten“, sagt Alexa Grau der MOPO.

„Funk-Eck“ sammelt Spenden – auch von prominenten Stammgästen

Immerhin, das Insolvenzverfahren aus dem Oktober ist erstmal vom Tisch. Richtige Entwarnung gibt es aber nicht. Es fehlen nach wie vor 50.000 Euro in der Lokal-Kasse. „Viele Kunden haben gefragt: Wie können wir helfen? Könnt ihr nicht einfach einen Spendentopf aufstellen?“, erzählt Grau. „Wir sind zwar alt eingesessen, aber das war uns dann doch ein bisschen zu unprofessionell“, lacht sie. Stattdessen hat sie vor wenigen Tagen eine Spendenseite ins Leben gerufen.

Seitdem gehen die ersten Spenden ein, einige im dreistelligen Bereich. „Ich kann das gar nicht in Worte fassen. Das sind teilweise wildfremde Leute“, freut sie sich. Außerdem melden sich viele Stammgäste – darunter auch Prominente. Und von denen gibt und gab es hier viele: Musiker Udo Jürgens war schon hier, Moderator Carlo von Tiedemann, „Scooter“-Frontmann H.P. Baxxter oder ESC-Legende Peter Urban gehen seit Jahrzehnten im „Funk-Eck“ ein und aus.

Traditionslokal in Rotherbaum mit neuen Öffnungszeiten

„Das ist auch eine Chance, sich neu aufzustellen“, meint Grau. Momentan werden sämtliche Ausgaben und Abläufe geprüft. Auch die Öffnungszeiten wurden angepasst. Künftig hat das „Funk-Eck“ nicht mehr täglich, sondern nur noch Mittwoch bis Sonntag von 11 bis 18 Uhr geöffnet. Ab Mitte Dezember am Wochenende wahrscheinlich wieder ab 10 Uhr, wenn das Geld rechtzeitig aufgetrieben werden kann. Irgendeine Lösung werden sie finden, da ist Alexa Grau sicher.

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„Wir sind hier eine große Familie. Wir haben nie jemanden hängen lassen“, versichert Grau. Wenn die ältere Dame von nebenan es nicht mehr ins Lokal schafft, werde ihr das Essen eben vorbeigebracht. Wenn der Stammgast sich den Kaffee zwischenzeitlich nicht mehr leisten kann, muss er eben nicht bezahlen. „Das bekommen wir jetzt zurück!“, sagt sie.

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