„Land unter“ und dramatische Szenen: Wie Sturm „Nadia“ Hamburg durchschüttelte
Sturmtief „Nadia“ ist über Hamburg und Norddeutschland hinweggezogen – und hat für Hunderte Einsätze der Polizei und Feuerwehr gesorgt. Hochwasser, umgestürzte Bäume, Fährausfälle. Ein Verkehrschaos auf Straßen und Schienen. Zahlreiche Schaulustige, die sich das Wasser-Spektakel an der Elbe anguckten. Besonders verheerend war die Situation aber unterhalb der Elbbrücken: Dort war Samstagabend ein Binnenschiff gegen die Brücke gestoßen. Und der Kapitän war auch noch betrunken.
Nach der Kollision verkeilte sich das Schiff unter der Freihafen-Elbbrücke. „Dabei wurde das Führerhaus des 50 Meter langes Schiffes völlig zerstört“, so ein Polizeisprecher. Die Bergung – „ein echtes Problem“, wie der Sprecher ferner mitteilte.
Der Pegel stieg immer weiter an, das Schiff wurde gegen die Brücke gedrückt. „Daher wurde die Strecke auf der Freihafen-Elbbrücke und auf der A255 aus Sicherheitsgründen komplett gesperrt.“
„Nadia“ schüttelt Hamburg und den Norden durch
Der Verkehr staute sich so in die City zurück. Viele Autofahrer, die in Richtung Süden unterwegs waren, wichen über Rothenburgsort und Moorfleet aus. Auch auf der Gegenstrecke kam es zu erheblichen Verkehrsbehinderungen.
Währenddessen versuchten die Einsatzkräfte mithilfe von Schleppern der Hamburg Port Authority (HPA), das Schiff zu bergen. Doch alle Versuche scheiterten zunächst, das Schiff ließ sich nicht unter der Brücke herausziehen. „Die Feuerwehr entschloss sich darauf, das Schiff zu fluten“, sagte der Sprecher. Der Plan: Die Wassermassen sollten es zum Sinken bringen.
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Gegen 3.30 Uhr ließ sich das Wrack so dann freischleppen, es kam danach zum Kirchenpauerkai (HafenCity). Die Besatzung des Schiffes – zwei Männer (44, 45) – blieb durch den Vorfall unverletzt. Sie hatten bei einer Alkoholkontrolle beide einen Wert von knapp 1,4 Promille gepustet. Die Wasserschutzpolizei ermittelt. Die Freihafen-Elbbrücke bleibt nach einer Prüfung der Statik auf unbestimmte Zeit gesperrt.
Insgesamt gab es von Samstag auf Sonntag rund 450 wetterbedingte Einsätze für die Hamburger Feuerwehr. Dabei kümmerten sich die Retter auch um zahlreiche umgestürzte Bäume, die teils für schwere Schäden sorgten, darunter in Harvestehude, Bergedorf und Lohbrügge. Auch Abdeckplanen und Dachkonstruktionen lösten sich und flogen weg.
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Wie bereits vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) erwartet, kam es zu Überschwemmungen im Bereich des Fischmarkts (St. Pauli): Der Sturmflut-Scheitelpunkt war nach BSH-Angaben gegen 0.17 Uhr erreicht – der Wasserstand lag 2,84 Meter über dem mittleren Hochwasser; man hatte im Vorwege mit mehr als drei Metern gerechnet. Am Fischmarkt wurden durch die Überflutungen mehrere Autos beschädigt. Menschen wurden nicht verletzt. Hunderte Schaulustige schauten den Einsatzkräften dabei zu, wie sie Autos aus dem Wasser zogen.
Auch im Norden sorgte „Nadia“ für Chaos. Mit bis zu 130 km/h blies das Tief über die Nordseeküste hinweg. Die Wellen schlugen sechs bis sieben Meter hoch. An vielen Küstenabschnitten wurden Sturmfluten registriert.
Auf der Nordsee, circa 30 Kilometer vor der ostfriesischen Küste, trieb ein Frachter, weil er durch den Sturm nicht mehr manövrierfähig war. Ein Notschlepper kam, Spezialisten wurden für die Bergung auf das Schiff abgeseilt.
In Schleswig-Holstein rückte die Feuerwehr ebenfalls mehrere Hunderte Male aus, vor allem in Kiel, Flensburg und Lübeck. Ein umgestürzter Baum auf der A21 sorgte für einen Unfall mit acht Verletzten. Ein Laster kippte auf der Fehmarnsundbrücke um.
Sturmtief „Nadia“: Rügen wird abgeriegelt
Ein Polizeisprecher aus Mecklenburg-Vorpommern, wo es ähnliche viele Einsätze gab und Rügen kurzfristig abgeriegelt wurde, sagte noch am Sonntagmorgen, kurz bevor der Sturm langsam nachließ: „Der Notruf steht nicht still.“
Auch der Bahnverkehr in Norddeutschland war stark beeinträchtigt: Wegen Sturmschäden wurde der Fernverkehr am Samstag in allen nördlichen Bundesländern für eine Stunde eingestellt, Dänemark wurde ebenfalls von Zügen nicht angefahren. Auch danach kam es weiter zu Verspätungen und vielen Ausfällen, auch im Regionalverkehr.