Inzidenzen unter Hamburgs Kindern am höchsten – Kinderarzt warnt
Vor allem Kinder infizieren sich derzeit mit dem Coronavirus. Die Inzidenz unter den Sechs- bis 14-Jährigen liegt in Hamburg bei 467,78 – es ist der höchste Wert aller Altersgruppen. Eltern sind verunsichert, ob die Schutzmaßnahmen an den Schulen ausreichen. Ein Hamburger Kinderarzt warnt, es könnte noch schlimmer kommen.
In jedem Jahrgang gab es corona-positive Kinder: An der katholischen Grundschule Katharina von Siena in Hamburg-Langenhorn wurde für diese Woche die Präsenzpflicht ausgesetzt. Insgesamt sind bisher 26 von 367 Kindern betroffen. Los gingen die Infektionen in den Vorschulklassen.
Mediziner warnt vor noch höheren Inzidenzen bei Kindern
In der Vorschule gilt in Hamburg keine Masken- oder Testpflicht – eine Impfmöglichkeit gibt es für die Kinder unter zwölf Jahren auch nicht „Die Schule kann nichts dafür, die tut alles, um die Kinder zu schützen. Die Politik muss jetzt weitere Maßnahmen ergreifen“, sagt eine betroffene Mutter zur MOPO.
So wie an der Langenhorner Grundschule könnte es demnächst auch an anderen Schulen laufen. „Es ist zu vermuten, dass die Inzidenzen unter ungeimpften Kindern und Jugendlichen in Hamburg noch ansteigen, so wie wir es derzeit im Süden und Osten Deutschlands beobachten“, sagt der Kinder- und Jugendmediziner Robin Kobbe vom UKE auf MOPO-Nachfrage.
Schutz der Hamburger Schüler: Welche Optionen bleiben?
Die Krankheitsverläufe bei Kindern und Jugendlichen seien zwar in vielen Fällen mild oder asymptomatisch, einige wenige erkranken aber doch so schwer, dass sie ins Krankenhaus aufgenommen werden müssen. „Jetzt, wo sich so viele anstecken, werden relativ dazu auch diese Fälle zunehmen“, so Kobbe.
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Maskenpflicht, Tests, Luftfilter – es gibt an den Schulen kaum noch weitere Optionen. Die Aufhebung der Präsenzpflicht wäre eine. „Wir haben Sorge unsere Kinder nächste Woche wieder zur Schule zu schicken und fordern eine Aufhebung der Präsenzpflicht“, sagt die Mutter aus Langenhorn. Dies hatte auch die CDU am Wochenende gefordert.
Hamburger Lehrer wollen keine Aufhebung der Präsenzpflicht
Die Hamburger Lehrergewerkschaften sehen das anders. Sie sprechen sich gegen eine Aussetzung der Präsenzpflicht aus, weil die personellen und zeitlichen Ressourcen hierfür nicht gegeben seien. Bei Kindern und Jugendlichen könne das zu nicht mehr aufholbaren Lernrückständen führen.
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Insgesamt wurden laut Schulbehörde an 207 staatlichen und privaten Schulen in Hamburg in den vergangenen zehn Tagen fast 600 Infektionen gemeldet: 538 bei Schüler:innen (0,2 Prozent aller Schüler:innen an den betroffenen Schulen) und 56 bei den Beschäftigten der betroffenen Schulen (0,2 Prozent). 18 Klassen an 14 Schulen befinden sich in Quarantäne, das sind etwa 0,1 Prozent der Klassen (Stand 16.11.).
Infektionen an Schulen? Behörde sagt nein, Mediziner sagt ja
„Es gibt keine Hinweise auf Infektionen innerhalb der Schulen“, so Sprecher Peter Albrecht. Die meisten Ausbrüche fänden im Haushalt oder privaten Umfeld statt. Hamburgs staatliche Schulen hätten ein funktionierendes Sicherheitskonzept für höchstmöglichen Corona-Schutz. „Wir setzen daher weiterhin darauf, diese sehr hohen Sicherheitsstandards beizubehalten und gleichzeitig den Anteil der geimpften Schülerinnen und Schüler sukzessive zu erhöhen.“
„Es ist nicht so, dass in Schulen keine Infektionen stattfinden“, sagt der Kindermediziner Kobbe. „Sie sind kein sicherer Ort. Aber die Kinder zu Hause zu lassen, ist in Hinsicht auf ihre Bildung und sozialen Kontakte auch nicht ideal.“ Bis zur Impfung dieser Altersklassen brauche es flexible Zwischenlösungen, wenn größere Ausbrüche vorkommen oder einzelne Kinder durch Vorerkrankungen besondere Risiken haben.
Kindermediziner empfiehlt Corona-Impfung für Kinder ab fünf Jahren
Bisher sind in Hamburg etwa die Hälfte (50,8 Prozent) der Zwölf- bis 17-jährigen Hamburger:innen mindestens einmal geimpft. Der Großteil der weiterführenden Schulen startete bereits Impfaktionen. Schulsenator Ties Rabe (SPD) appellierte vor allem auch an die Erwachsenen, sich zum Schutz der Kinder impfen zu lassen.
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Diesen Schritt hält auch Kindermediziner Kobbe für entscheidend. „Eine Impfpflicht zum Beispiel für bestimmte Berufsgruppen (Ärzte, Pflegepersonal, insbesondere in der Altenpflege, aber eventuell auch für Lehrer und Erzieher) halte ich für sinnvoll“, so Kobbe. Aus seiner Sicht sei es für Kinder sinnvoll, sie ab fünf Jahren zu impfen. „Deshalb hoffe ich auf eine baldige Zulassung und Empfehlung der Stiko.“