Homeoffice mit Kind: Expertin: So hält man die Kleinen jetzt bei Laune
Seit einer Woche sind Hamburger Schulen und Kitas geschlossen. Viele Eltern sitzen zusammen mit ihren Kindern Zuhause. Mama und Papa müssen eigentlich arbeiten, die Kinder wollen aber beschäftigt werden. Für alle ist das keine leichte Situation. Die MOPO hat mit der Hamburger Sozialpädagogin Kira Franziska Block über Umgangsweisen und Beschäftigungen gesprochen.
Die 31-Jährige Mutter von drei kleinen Kindern (sechs, vier und zwei Jahre) arbeitet als Sozialpädagogin bei einer Hamburger Familienhilfe. Zurzeit befindet auch sie sich im Homeoffice. „Gerade drücken sich die drei auch die Nase an der Scheibe platt“, sagt Block mit einem Lachen. Was Mama macht, ist immer interessant. Neben ihrem eigentlichen Job berät sie im Projekt „Heimathafen“ ehrenamtlich Familien mit Fragen rund um das Leben von Eltern und Kindern.
Auch wenn es „keine Musterideen für alle Familien gibt“, hat die Sozialpädagogin fünf wertvolle Tipps im Umgang mit der derzeitigen Situation und Möglichkeiten zur Beschäftigung der Kinder zusammengestellt. Vielleicht können auch Sie so eine halbe Stunde mehr Zeit am Computer oder für sich rausschlagen.
1. Experten-Tipp: Das Zauberpflaster
„Es kommt ein wenig auf das Alter an, aber bis acht Jahren geht das noch“, sagt Block. Sie sollten Ihr Kind fragen, was es für die nächste halbe Stunde benötigt, damit sie in Ruhe arbeiten können. Dabei geht es nicht um Dinge, sondern um Eigenschaften, wie zum Beispiel: Kraft, Ruhe oder Energie. Diese Kraft schreiben Sie dann auf ein Pflaster und kleben es auf eine sichtbare Stelle, zum Beispiel den Arm.
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„Es hat etwas Heldenhaftes“, sagt Block, die Kinder bekommen so eine Art Superkraft und halten sich an die Abmachung mit Mama oder Papa. Wer kein Pflaster mag, kann auch einen Stempel verwenden.
2. Experten-Tipp: Grenzen setzen und Grenzen achten
Block rät, nicht erst eine Grenze setzen, wenn das Fass schon überläuft. „Für die Kinder ist es wichtig, zu wissen wann sie wieder Zeit mit den Eltern haben“, sagt Block. Am besten ist, das Ganze noch zu visualisieren: „Zum Beispiel kann man das mit einer Sanduhr ganz gut darstellen.“ Wenn die Kinder eine genaue Zeitvorgabe haben, ist die Wahrscheinlichkeit deutlich höher, dass sie in der Zeit auch ruhig bleiben.
„Man kann das auch einmal umdrehen“, sagt Block. In dieser Zeit geben dann die Kinder genau vor, wann sie wieder Zeit haben und die Eltern müssen warten. So bringen Sie die Kinder in das Geschehen ein und sie fühlen sich gleichberechtigt.
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3. Experten-Tipp: Der Königsstuhl
„Jeder darf einmal König sein“, sagt die 31-Jährige. Eine Grenze ist aber auch hier notwendig, denn sonst wünschen sich die Kinder Dinge, die in diesen Zeiten nicht möglich sind, wie zum Beispiel Schwimmen gehen oder Freunde treffen. Die Grenze muss also die Wohnung sein, oder vielleicht sogar ein bestimmter Bereich, wie das Aussuchen des Mittagessens.
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Auch die Eltern dürfen auf den Stuhl und sich was wünschen. Wenn der Wunsch eine gewisse Zeit in Ruhe am Schreibtisch arbeiten ist, dann nehmen die Kinder das ernst, denn sie selbst durften sich ja auch schon etwas wünschen.
4. Experten-Tipp: Explizit mit den Kindern sprechen
Den Kindern sollte erklärt werden, was gerade los ist in der Welt und warum sie alle zu Hause in Wohnung sitzen müssen. Mit den Kindern, die Angst zeigen oder Unsicherheit, sollte darüber gesprochen werden: „Dass man versucht die Unsicherheit einmal in Worte zu fassen“, sagt Block. Vielen Kindern hilft es einen Gegenstand, wie eine Art Talisman, bei sich zu tragen, der ihnen Kraft gibt. Suchen sie diesen Gegenstand zusammen mit den Kindern aus.
„Kinder bekommen mit, wenn es den Eltern nicht gut geht. Man kann es von Ihnen nicht fernhalten“, sagt Block. Viele Eltern wollen ihre Gefühle verstecken; „Das Ganze sollte transparent gemacht werden.“ Natürlich muss die Rolle der Eltern gewahrt bleiben, trotzdem können die Kinder und ihre Ideen mit einbezogen werden.
5. Experten-Tipp: Das Familienwappen
Das ist ein Projekt, was die Familie gemeinsam gestalten sollte. „Am besten fängt man damit an, wenn man gerade nicht arbeiten muss“, sagt Block. Das Familienwappen soll das darstellen, was die Familie ausmacht. Die Kinder und die Eltern malen zusammen an dem Wappen. Beispielsweise könne überlegt werden, was jeder aus der Familie gut kann.
„Das kann man dann eben noch erweitern“, sagt Block. Das ganze Projekt kann mehrere Tage dauern und wenn das Familienwappen fertig ist, dann kann jeder für sich ein Wappen erstellen. „Das schöne ist, dass es den Zusammenhalt stärkt und man mit etwas schönem aus der Krise geht“, sagt die 31-Jährige.
Noch mehr Beschäftigung der Kinder im Homeoffice-Alltag
- Anfallende Haushaltstätigkeiten als Praktikum ausschreiben (z.B. Koch oder Hausmeister). Die Kinder nehmen am Geschehen Teil. Am Ende sollte dann gemeinsam reflektiert werden: Was hat Freude gemacht? Was war schwer?
- Ausschnitte des Alltags fotografieren oder malen lassen. Später gemeinsam besprechen oder die Bilder per Skype wichtigen Bezugspersonen zeigen und vorstellen
- Briefe schreiben oder Bilder malen für Menschen im Altenheim
- Ideen aus der eigenen Kindheit aktivieren: Sackhüpfen, Gummitwist, Malkreide für den Garten oder Balkon, Fingerfarbe oder eine schöne Schatzsuche mit Rätseln
- Klassiker sind immer gut: Hörbücher, Bücher, Malen, Basteln, Kräuter anpflanzen, Bügelperlen. Murmelbilder
- Experimente: Was passiert eigentlich mit verschiedenen Gegenständen im Wasser (Korken, Steine, Reis, Brausetabletten usw.)
- Fotoalbum basteln
- Rollenspiele oder Theateraufführungen gestalten und mit den Kindern eine Zeit für den Auftritt festlegen
- Phantasiewelten im Kinderzimmer bauen (Höhlen, Tunnel oder Burgen)
- Auf dem Spaziergang Naturmaterialien sammeln und zu Hause untersuchen
- Einen Familienstammbaum zeichnen, so kann auch der Kontakt zu den Großeltern gestaltet werden
- Für ältere Kinder: Ein Musikinstrument lernen, eine neue Sprache lernen, eigene Fähigkeiten sammeln und neue Hobbys entdecken
- In den Medien: Online Sportangebote nutzen, die Sendung mit der Maus und das Angebot der Hamburger Bücherhallen