Immer mehr Betriebe dabei: Wird Hamburg zur 2G-Stadt?
Es ist eine verzwickte Lage: Hamburgs Restaurants, Clubs, Kulturstätten, Sportvereine und noch viele mehr können seit fast einer Woche auf das 2G-Angebot der Stadt eingehen. Doch noch ist längst nicht jeder Betrieb mit an Bord, aus den verschiedensten Gründen. Warum Hamburg wohl trotzdem immer weiter zu einer 2G-Stadt werden wird.
Der Köder des Senats ist verlockend: Ihr lasst nur noch Geimpfte und Genesene (2G) bei euch rein, dafür fallen für euch hinderliche Abstandsgebote und Sperrstunden. 489 Betriebe haben mittlerweile einen Antrag bei der Stadt gestellt, um 2G bei sich zu praktizieren. Die Zahl steigt merklich von Tag zu Tag, am Montag lag sie noch bei 294.
Doch ein großer Teil der Hamburger Betriebe ist noch nicht dabei. Das Spannungsfeld zwischen wirtschaftlichem Interesse und moralischer Abwägung bereitet vielen Kopfzerbrechen. Zu beobachten ist dies zum Beispiel beim „Miniatur Wunderland“ in der Speicherstadt. Die deutschlandweit bekannte Eisenbahnwelt verkündete am Donnerstag, dass man sich nicht auf 2G oder 3G (Genesene, Geimpfte, Getestete) festlegen wolle – stattdessen agiere man ab November im Wechsel. „Wir machen kein reines 2G-Modell. Das ist eine Ausgrenzung, das machen wir nicht“, sagte Gründer Frederik Braun. Stattdessen werde man wohl an ungeraden Tagen 2G machen, an geraden Tagen 3G.
Hamburg: Was macht die Gastronomie im Winter?
Der Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) in Hamburg begrüßt die Option auf 2G, die aber ihrer Erfahrung nach noch verhalten genutzt wird. „Ich habe derzeit den Eindruck, dass noch wenige Gastronomen von der Option Gebrauch machen“, sagt Landesgeschäftsführerin Ulrike von Albedyll der MOPO. Häufig seien schlicht auch noch nicht alle Mitarbeiter:innen der Betriebe geimpft, sodass sie die 2G-Regel nicht nutzen könnten. „Ich gehe aber davon aus, dass im Herbst mehr Betriebe 2G wählen werden.“ Das habe wirtschaftliche Gründe. Wenn das Wetter schlechter werde und sich der Betrieb nach innen verlagere, sei die 2G-Regelung wirtschaftlich attraktiver.
Mit wirtschaftlichen Abwägungen argumentiert heute schon der Musikclub „Molotow“ auf St. Pauli, der das 2G-Optionsmodell testet. 17 Monate lang gab es dort keine Partys, am kommenden Samstag wird es eine 2G-Open-Air-Party geben. „Wir wollen ehrlich sein: Am Ende entscheidet wie so oft auch das Geld“, heißt es in einer Stellungnahme auf Facebook. Viele Mitarbeiter:innen würden seit Monaten auf Einnahmen verzichten müssen, das wolle man nicht weiterführen. In den Kommentarspalten gibt es viel Zuspruch, aber auch Kritik. Hier zeigt sich, welchen Gegenwind solche Entscheidungen im Zweifel auch für einen Betrieb bedeuten können.
Reeperbahn-Festival will 2G machen – kann es aber nicht
Andere Veranstalter wiederum können so kurzfristig gar nicht 2G organisieren, selbst wenn sie es wollten. „Wir werden leider, leider die Veranstaltung nicht nur für Geimpfte und Genesene umsetzen können“, sagte der Chef des Reeperbahn-Festivals, Alexander Schulz. Man könne nicht garantieren, dass wirklich alle Beteiligten geimpft oder genesen seien. „Wir buchen ja nicht nach geimpft oder genesen, sondern danach, ob sie in unser Programm passen. Und das können wir nicht vorgeben.“
Kritik kam zuletzt von Hamburgs Promi-Koch Tim Mälzer, der in seinem Restaurant „Bullerei“ keine „Nichtdurchgeimpften, Schwangeren, Allergiker und andere“ ausgrenzen wolle. Er und sein Geschäftspartner Patrick Rüther warfen dem Senat vor, sich um eine Entscheidung zu drücken und die Verantwortung abzuschieben.
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Der Trend scheint jedoch klar: Von Tag zu Tag kommen mehr 2G-Betriebe dazu. Die Zurückhaltung vieler Veranstalter wird sich in Teilen auch verflüchtigen, sollte bei anderen das Modell gut funktionieren. Spätestens wenn es kälter wird, werden immer mehr Gastronomen aus wirtschaftlichen Gründen 2G einführen. Kulturstätten warten derweil ab, bis die Vorstellungen durch sind, für die bereits Tickets verkauft wurden – und werden dann wohl ebenfalls in Teilen umsteigen. Der Senat hat nicht ausgeschlossen, weitere Lockerungen für 2G-Betriebe anzubieten.