• Leonie (22, hinten) und Alisha bekommen Hilfe vom Steuerberater.
  • Foto: RUEGA

Immer mehr Kontrollen: In diesem Bordell kriegen Huren Hilfe vom Steuerberater

Wandsbek –

Im Juli 2017 trat das Prostitutionsschutzgesetz in Kraft, seitdem müssen Sex-Arbeiterinnen den in der Szene als „Hurenpass“ bekannten Ausweis stets mit sich tragen. Beratung und Gesundheitschecks gehören zur Anmeldung dazu – aber auch das Eröffnen eines Gewerbes für „sexuelle Dienstleistungen“. Die Prostituierten unterliegen damit der Steuerpflicht, müssen also auch Steuererklärungen abgeben. Doch damit tun sich viele schwer. Im „Geizhaus“ in Wandsbek leistet daher jetzt ein Steuerberater Abhilfe.

„Nicht viele Steuerberatungsgesellschaften würden diese Klientel beraten oder deren Steuererklärungen anfertigen“, sagt Berater Kai Schneider (Name geändert) im MOPO-Gespräch. „Prostitution ist ein Bereich, bei dem viele die Nase rümpfen.“ Schneider helfe, weil es unbedingt nötig sei. „Und es gibt ja auch einen Markt, schaut man auf die Zahl der Huren.“

Hamburg: So viele Prostituierte arbeiten in der Stadt

5200 Prostituierte gibt es nach Schätzungen der Sozialbehörde in Hamburg. Nur etwa 1700, also nicht einmal ein Drittel, wären angemeldet und hätten den „Hurenpass“. Mögliche Gründe: die anfänglich schleppenden Anmeldezeiten. Und der Fakt, dass nur Menschen sich registrieren können, die über einen Aufenthaltstitel und eine Arbeitsberechtigung verfügen.

Leonie, 22 Jahre alt, hat dieses Problem nicht. Sie ist angemeldet, hat einen „Hurenpass“ – nur gar keinen Schimmer, wie man eine Steuererklärung anfertigt. „Dass ich steuerlich erfasst bin und meine Abgaben leisten muss, ist zwar verständlich“, sagte die Blondine, die, wie sie sagt,  „durch Zufall“ in die Prostitution gerutscht ist. „Aber die Höhe der steuerlichen Belastung ist meiner Meinung unausgegoren.“

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Viele Prostituierte sind hilflos, wenn es um die Steuererklärung geht. Und das nicht nur wegen der Sprachbarriere. „Sie wissen oft gar nicht, dass sie Dinge, die sie zur Ausübung ihres Berufes brauchen, gegenrechnen können“, so Schneider. „Das fängt beim Auto an, geht über Hygieneartikel, Toys, Gleitgel und Kondome bis hin zur Reizwäsche.“

Reizwäsche, Dildos – Steuerberater: „Man muss Argumente bringen“

Was die Kleidung betrifft, so argumentiere das Finanzamt laut Schneider gerne mal, dass diese nicht anzurechnen sei, weil die Frauen sie auch privat nutzen könnten. „Da ist man dann als Steuerberater gefragt, muss Gegenargumente bringen und den Beamten mal deutlich darauf hinweisen, dass die Prostituierten heilfroh sind, wenn sie den Fummel nach Feierabend ausziehen können und nicht mehr sehen müssen.“

Leonie zeigt ihren „Hurenpass“.

Leonie zeigt ihren „Hurenpass“.

Foto:

RUEGA

Alisha (23) macht den Job aus der Not heraus, sagt sie. „Trennung vom Mann, kein Unterhalt, zwei Kinder. Die kann ich mit normaler Arbeit nicht durchbringen.“ Auch sie findet den „Hurenpass“ eigentlich gut, sorgt sich aber wie Leonie, irgendwann einmal zufällig als Hure geoutet zu werden. „Irgendwo könnte mal ein Schreiben auftauchen. Oder ich könnte auch meinen Pass verlieren. Name, Foto, Adresse – alles da drin. Kein schöner Gedanke.“

Hamburg: Finanzamt und Zoll führen immer mehr Kontrollen durch

Die Hilfe vom Steuerberater – sie ist nicht nur hilfreich, sondern auch notwendig. Finanzamt und Zoll mobilisieren ihre Kräfte, führen immer mehr Kontrollen durch. Auch im „Geizhaus“.

Seit Anfang der 2000er Jahre gibt es das Bordell in Hamburg. Zunächst an der Ahrensburger Straße – in einer alten Gründerzeitvilla – später dann an der Angerburgerstraße (beides in Wandsbek). Der Puff setzt auf Sauberkeit, faire Preisen – „und gute Arbeitsbedingungen“, sagt Managerin Isa.

Bordell-Managerin: „Wir haben nichts zu verbergen“

Zuletzt seien Beamte vor zwei Wochen bei ihnen im Haus gewesen. „Sie durften sich alles anschauen, wir haben nichts zu verbergen.“ Eines ist wohl sicher – es wird nicht die letzte Kontrolle bleiben.

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