Johann Schwenn aus Hamburg: Der Star-Anwalt, der Maddies mutmaßlichen Mörder verteidigt
Es wird das vermutlich publicityträchtigste Gerichtsverfahren, das die Welt seit langem gesehen hat: Ein deutscher Sexualstraftäter soll der Unbekannte sein, der vor 13 Jahren die kleine Madeleine McCann entführt hat. Seine Verteidigung hat Johann Schwenn (73) übernommen, wortgewaltiger und streitlustiger Star-Anwalt aus Hamburg.
Christian B. (43) steht unter dem Verdacht, 2007 die damals dreijährige Maddie McCann ermordet zu haben. Bisher hat die Staatsanwaltschaft ihn noch nicht zu den Vorwürfen vernommen. Wenn es dazu kommt, wird vermutlich er an seiner Seite sitzen: Johann Schwenn.
Fall Maddie: Ein Anwalt von Christian B. kommt aus Hamburg
Eine eher kleine, stets elegant gekleidete Gestalt, randlose Brille, spöttischer Blick – als „Pfau in schwarzer Robe“ wurde Schwenn schon bezeichnet, und tatsächlich ist der Mann keiner, der sein Licht unter den Scheffel stellen würde. Warum auch, wenn man doch einem Großteil der Mitmenschen haushoch überlegen ist. Oder sich zumindest so fühlt.
„Herablassung“, so erklärte der Anwalt einmal im Interview mit Zeit-Campus, „kann angebracht sein – nicht gegenüber dem Gericht oder der Staatsanwaltschaft, wohl aber gegenüber Medien, die sich auf den Mandanten eingeschossen haben.“ Mal eben die Journaille auf die Unschuldsvermutung hingewiesen, schön von oben herab, aber nicht zu Unrecht.
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Anwalt Johann Schwenn gilt als Krawall-Verteidiger
Im Gerichtssaal gilt Schwenn als Krawall-Verteidiger, obwohl er nicht laut wird. Seine Waffen sind Süffisanz, Ironie und Sarkasmus. Mancher Richter fühlte sich angesichts der „Schwenn-Show“ schon bemüßigt, den eloquenten Verteidiger darauf hinzuweisen, dass die Prozessleitung nicht in seinen Händen liegt.
Johann Schwenn erreichte einen Freispruch für Jörg Kachelmann
Der breiten Öffentlichkeit wurde Schwenn bekannt als der Anwalt, der 2011 den Freispruch von Jörg Kachelmann erkämpft hat, dem es sogar gelungen ist, die öffentliche Meinung zu drehen. Es gilt inzwischen als gesellschaftlicher Konsens, dass der Wettermoderator tatsächlich zu Unrecht der Vergewaltigung bezichtigt worden war, was nicht jedem Mann vergönnt ist, der wegen eine Sexualdeliktes frei gesprochen wurde. In dem Verfahren hatte Schwenn sich (neben vielen anderen) auch mit Alice Schwarzer angelegt, die er mit der ihm eigenen Süffisanz gerne „Malice“ nannte, die „Bösartige“.
Zehn Jahre zuvor, 2001, hatte Johann Schwenn im Prozess gegen Reemtsma-Entführer Thomas Drach das Entführungsopfer Jan-Philipp Reemtsma vertreten. Der Top-Jurist und der Multimillionär sind Schulfreunde, Schwenn ist Patenonkel von Reemtsmas Sohn Johann Scheerer. Während der Entführung hatte der Anwalt sich sogar als Geldbote zur Verfügung gestellt, allerdings platze die Geldübergabe.
Dass er trotz seiner juristischen Flughöhe durchaus Sinn für die Niederungen des TV-Krimis hat, bewies Schwenn kürzlich in der „Zeit“: Zusammen mit seinem Kollegen Leon Kruse verfasste er eine launige Betrachtung zur Darstellung des Anwalts im Fernsehkrimi. Bedauerndes Fazit: „Auf der guten Seite steht er im Tatort oder im Polizeiruf jedenfalls so gut wie nie.“