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Kahlschlag nötig: Im Hamburger Wald sterben Tausende Fichten

Rissen –

Im Hamburger Klövensteen vertrocknen Tausende Fichten. Schuld daran ist die Dürre der vergangenen beiden heißen Sommer, die der Klimawandel mit sich bringt. Die vertrockneten Nadelbäume müssen nun gefällt werden, um Platz für mehr Artenvielfalt zu gewinnen. Bis zu fünf Hektar Freifläche entstehen durch die Fällungen.

Nils Fischer, Förster des Klövensteens, steht vor einer frisch gefällten Fläche im Wald, auf der lauter Fichtenstämme liegen. Es sieht fast schon apokalyptisch aus. Die brache Fläche und die Geräusche der massiven Maschinen beißen sich mit der Idylle des Waldes und doch ist das Fällen nötig. Die Sitka-Fichten sterben wegen der Dürre und müssen weg.

Förster Nils Fischer

Er ist der Förster des Klövensteen: Nils Fischer.

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„Auch hier ist die Nachricht eindeutig angekommen: Der Klimawandel ist da”, sagt Fischer und blickt hoch zu den kahlen Baumkronen der Fichtenart, die fünf Prozent des Waldes ausmacht. Seit 53 Jahren gibt es die Nadelbäume im Klövensteen, mit 513 Hektar einer der größten Wälder Hamburgs, und nun sterben sie. Das Waldgebiet mit Wildgehege erstreckt sich im Westen Hamburgs über die Stadteile Rissen und Sülldorf sowie Teile des schleswig-holsteinischen Umlands.

Klimawandel im Hamburger Wald: Sitka-Fichten im Klövensteen sterben 

Die brache Fläche

Im Klövensteen mussten wegen Hitze und Trockenheit in diesem Jahr viele Fichten gefällt werden. Es entstanden Freiflächen von drei bis fünf Hektar.

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Im Frühling 2020 bemerkte Fischer, dass die Fichte stirbt: „Das hab‘ ich noch nie gesehen – und ich habe schon vieles gesehen, erzählt er der MOPO schulterzuckend. Der 47-Jährige ist schon seit 17 Jahren Förster des Klövensteen. Zu wenig Grundwasser ist vorhanden, Schuld daran ist die Dürre der vergangenen beiden Sommer, die der Klimawandel mit sich gebracht hat. Zu viel Sonne, zu viel Hitze, kaum Regen.

An die Stelle der Nadelbäume rücken Laubbäume für mehr Artenvielfalt

Schild: Halt! Baumfällungen!

Die Sitka-Fichte stirbt und wird durch Laubbäume ersetzt.

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Doch: „In jedem Neuanfang steckt auch eine Chance“, sagt er. Die nicht-heimischen Sitka-Fichten sterben zwar aus, doch dadurch machen sie Platz für Laubbäume und mehr Artenvielfalt. Die hohen Fichten nehmen den kleineren Bäumen Licht, durch das Fällen bekommen die noch jüngeren mehr Licht ab. Es soll eine Freifläche von rund drei bis fünf Hektar entstehen. Anstelle der Nadelbäume werden im Hamburger Klövensteen 65.000 neue Setzlinge gepflanzt, die den hiesigen Bedingungen besser gewachsen sein sollen.

Sitka-Fichten nicht essentiell für den Klövensteen

Durch Artenvielfalt wolle man versuchen, den Wald stabiler, resistenter und mehrschichtiger zu machen. Gerade die Eiche sei in Hamburg rar gesät – sie mache in Hamburg und Bremen rund 19 Prozent der Waldfläche aus – so bietet sich die Chance, dieser Baumart Raum zum Wachsen zu gewähren. Das Holz der Sitka-Fichte ist in der Nachkriegszeit stark genutzt worden für den Wiederaufbau, doch heute wird die Baumart nicht mehr derartig gebraucht.

Rot markierter Baum

Der rote Strich bedeutet das endgültige Urteil für die Bäume.

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Für den Klövensteen sei das Sterben der Sitka-Fichte kein dramatischer Verlust, denn es handelt sich bei der 580 Hektar großen Naturlandschaft um einen Erholungswald. Die Quintessenz bei einem Erholungswald seien die Schönheit und der Erholungsfaktor, nicht Baumarten, mit denen sich effizient Holz vertreiben lässt. Dennoch ist die Situation alarmierend: Eine Baumart stirbt – auf einmal und rasend schnell. 

Wenn die nächsten Jahre genau so heiß und trocken werden, wäre das schlecht für den Wald. Was genau dann passiert, kann ich aber nicht sagen, so der Förster. Die Situation wie jetzt sei so einfach noch nie da gewesen.

2020 war der heißeste Sommer seit Beginn der Wetteraufzeichnung

Auch andere Baumarten wie die Buche sind durch den Grundwassermangel bedroht. Eine Buche zieht an einem 30 Grad heißen Tag um die 200 Liter Wasser, der Hamburger Sommer 2020 war der heißeste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1891. Zwölf Tage nacheinander kletterten die Temperaturen auf über 30 Grad. Je wärmer es wird, desto mehr stirbt – in hoher Geschwindigkeit.

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In den Wald einzugreifen, ist wichtig. „Wenn wir im Klövensteen nicht eingreifen würden, würde sich die Traubenkirsche wahrscheinlich komplett ausbreiten und den anderen Pflanzen und Bäumen Licht und Platz nehmen”, weiß Fischer. Denn die Traubenkirsche kann innerhalb eines Jahres 1,50 m groß werden, andere Baumarten brauchen länger zum Wachsen. Der Eingriff in die Natur sei hier also mehr eine unverzichtbare Stütze.

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Noch kann man etwas gegen das Waldsterben machen. Fischer lässt den Blick über die Freifläche schweifen: „So schlimm es auch aussieht: Der Wald ist ja noch da, die Kulisse steht noch.“ 

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