Kampf um Hamburgs Brötchen-Markt: Ofen aus bei der Stadtbäckerei! So geht es weiter
Seit fast 340 Jahren wird am Hamburger Gänsemarkt 44 Brot gebacken – doch damit ist zum 1. Oktober Schluss: Die Stadtbäckerei am Gänsemarkt schließt ihre Backstube, die auch sämtliche Filialen in der Stadt beliefert. Ein Konkurrent auf dem hart umkämpften Brötchen-Markt übernimmt einen Teil der Läden. Die MOPO hat nachgefragt, was aus dem Rest des Familien-Unternehmens wird.
„Wir stehen vor einer Reihe von Veränderungen, weil mein Vater und ich uns aus dem Geschäft zurückziehen“, sagt Geschäftsführer Stefan Böse (45) im Gespräch mit der MOPO. „Alle Standorte bleiben aber bestehen.“
Wie die Zukunft der elf Läden genau aussehen wird, ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Die Stadtbäckerei ist ein Franchise-Unternehmen. Das heißt: Die Inhaber sind selbstständig, verwenden den Markennamen und beziehen die Waren von der Familie Böse, in deren Besitz sich die Firma samt Backstube seit 1936 befindet.
„Für drei Standorte haben wir bereits Nachfolger gefunden“, so Böse. „Das Geschäft in Blankenese und unser Flaggschiff am Gänsemarkt werden von Junge übernommen, ebenso wie alle 44 Mitarbeiter am Gänsemarkt. Frau Eller betreibt ihre Filiale in Nienstedten künftig ohne Franchisegeber weiter und bezieht ihre Ware auf dem freien Markt.“
Brötchen-Riese Junge kauft zwei Filialen der Stadtbäckerei Hamburg
Der Brötchen-Riese Junge, der in ganz Norddeutschland rund 200 Läden betreibt, kauft außer den zwei Filialen auch die Namensrechte der Stadtbäckerei. Und die dürften noch interessanter sein als die Läden: Das Lübecker Unternehmen gab sich zwar 1980 überall den Namenszusatz „Stadtbäckerei“, firmierte jedoch in Hamburg, wo es 1986 die erste Filiale eröffnete, unter „Hansebäcker“. Klar: Eine „Stadtbäckerei“ gab’s hier schon.
Für das Geschäft in Ottensen läuft der Mietvertrag demnächst aus. Die dortige Franchisenehmerin Sabine Krause will laut Böse den Betrieb nicht mehr fortführen und hat den Vertrag mit ihm zu Ende März gekündigt. Es sei aber wahrscheinlich, dass dort wieder eine Bäckerei einzieht.
Filialen der Hamburger Stadtbäckerei könnten von anderen Ketten gekauft werden
Für die übrigen Läden laufen die Verhandlungen noch. Einige könnten von konkurrierenden Ketten wie Junge übernommen werden, für andere könnte es Lösungen wie in Nienstedten geben. Wann es soweit ist, ist ebenfalls von Laden zu Laden unterschiedlich – am Gänsemarkt ist zum 1. Oktober Schluss.
Dann endet eine Backtradition, die an diesem Standort bis ins Jahr 1681 zurückreicht. „Die Backstube wird stillgelegt“, sagt Böse, „das ist natürlich eine bittere Pille.“
Stadtbäckerei am Gänsemarkt muss wegen Sanierungskosten schließen
Der Grund: Der Betrieb in dem mehr als 100 Jahre alten Gebäude mitten in der Stadt war nicht mehr wirtschaftlich. „Es liegt nicht an unseren Umsätzen“, versichert Böse. „Das Haus ist zwar nicht baufällig, aber es wären in den nächsten Jahren einige Kosten auf uns zugekommen, die das betriebswirtschaftlich schwierig gemacht hätten.“
Man hätte zwar auch überlegt, die Produktion „auf die grüne Wiese“ zu verlegen, sich ein Grundstück in Schenefeld angesehen. Aber letztlich blieb als einzige Option der Verkauf auf dem Tisch.
„Es ist schade, dass damit die handwerkliche Vielfalt in Hamburg etwas eingeschränkt wird“, sagt Jan Loleit, Geschäftsführer der Bäcker- und Konditorenvereinigung Nord, im Gespräch mit der MOPO. „Aber nicht jede Betriebsübergabe klappt – daher ist es erfreulich, dass es hier gelungen ist.“
Bäcker-Handwerk in Hamburg vor großen Herausforderungen
Das Bäckerhandwerk stehe allgemein vor großen Herausforderungen. Hohe Energie- und Personalkosten, geringe Gewinnmargen. Dazu die Konkurrenz durch Discounter, die billige Fertig-Teiglinge aufbacken.
Und: Immer mehr Bürokratie, von der neuen Bon-Pflicht bis hin zu teilweise absurden Hygiene-Vorschriften: „Mir erzählte ein Bäckermeister, der seine Backbleche selbst abwäscht, dass er sich danach selbst eine Bescheinigung der erfolgten Reinigung ausstellen muss“, schildert Loleit einen Fall.
Die Hamburger Firma Stadtbäckerei am Gänsemarkt wird es nicht mehr geben
„Die Firma Stadtbäckerei wird es nicht mehr geben“, so der Geschäftsführer. Junge sei als Partner für die Übergabe die erste Wahl gewesen: „Wir haben bereits 2005 partnerschaftlich mit Junge zusammengearbeitet, als wegen Sanierungsarbeiten unsere Backstube vorübergehend stillgelegt werden musste.“
Böse selbst will nach der Abwicklung des Familien-Unternehmens, das er gemeinsam mit Vater Hartwig (73) führt, ein neues Projekt starten. Was genau, verrät er noch nicht – er wird aber in der Bäckerei-Branche bleiben.