Immer mehr Schulschwänzer in Hamburg – Härtefällen droht bald Arrest
Die Zahl der Drückeberger ist so hoch wie nie. Schon jetzt, im ersten Drittel des Jahres, blieben mehr Kinder dem Unterricht fern als in den gesamten zwei Jahren zuvor. Die Schulbehörde sieht akuten Handlungsbedarf und hat einen neuen Maßnahmenkatalog erstellt: Der soll vor allem die Schulen selbst stärker in die Pflicht nehmen, strengere Kontrollen durchzuführen. Schwänzern drohen Bußgelder oder sogar Jugendarrest.
Die „Handreichung zum Umgang mit Schulpflichtverletzungen“, mag etwas hölzern klingen. Doch dahinter verbirgt sich die gut gemeinte Absicht, Schulschwänzern das Fernbleiben auszutreiben. Zum eigenen Wohl selbstverständlich, denn häufiges Fernbleiben vom Unterricht, führt oft zu „Schulversagen, Schulabbruch, Jugendarbeitslosigkeit und unglücklichen Lebensläufen“, so Schulsenator Ties Rabe (SPD) zur MOPO. Daher „reicht“ die Behörde den Schwänzern nun mit diesem verschärften Maßnahmenkatalog „die Hand“. Dieser wird in den kommenden Tagen an die Schulen geschickt und sieht folgendes vor:
Schüler ab 14 Jahren müssen mit einem Bußgeldverfahren rechnen und Jugendlichen, die besonders häufig fehlen, droht bis zu einer Woche Arrest im Jugendvollzug Hahnöfersand. Die Geldstrafen stiegen schon in den vergangenen Jahren dramatisch. Meist werden natürlich die Eltern der „Blaumacher“ zu Kasse gebeten. Zwischen 2020 und 2022 wurden Bußgelder in Höhe von 287.000 Euro verhängt.
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Die Schulbehörde erhöht schon seit Jahren den Druck auf die Schulschwänzer. „Es ist keine Kleinigkeit, wir nehmen das Problem sehr ernst“, so Rabe. In den Corona-Jahren 2020 und 2021 gingen 1226 beziehungsweise 1464 Meldungen von Schulpflichtsverletzungen bei der Rechtsabteilung der Schulbehörde ein. Im vergangenen Jahr stieg die Zahl dann auf 2067. Für Schwänzer, die ihre Strafen nicht zahlen, wird Beugearrest in Betracht gezogen.
Auffällig ist nach Angaben der Linken, dass die behördlichen Maßnahmen in sozial schwachen Stadtteilen deutlich häufiger vorkommen. Die Fraktion kritisierte die Maßnahmen als überholt und ineffektiv. „Die Schulbehörde muss die Daumenschrauben beiseitelegen und endlich Schritte für ein inklusives Schulsystem, das den Bedürfnissen der jungen Menschen gerecht wird, erarbeiten“, forderte die schulpolitische Sprecherin der Fraktion, Sabine Boeddinghaus.
Lehrer sollen zukünftig aufmerksamer sein
Die neue Version des Maßnahmenkatalogs wird eine genaue Checkliste enthalten, wie Lehrer sich verhalten müssen, wenn ihnen das Fernbleiben eines Schülers auffällt. Dazu soll die Anwesenheit der Schüler nicht nur zu Schulbeginn überprüft werden, sondern auch in den Folgestunden.
Bleibt ein Jugendlicher 20 Stunden lang unentschuldigt dem Unterricht fern oder erscheint an drei Tagen gar nicht, muss sofort die Schulaufsicht eingeschaltet werden. Früher kümmerten sich die Schulen, in Zusammenarbeit mit regionalen Beratungsstellen, selbst um das Problem – offenbar mit mässigem Erfolg.
Wer fehlt? Schulen müssen genaue Zahlen angeben
Bis 2012 musste keine der 80 Stadtteilschulen in Hamburg die Anzahl der Blaumacher melden, eine genaue Auflistung der Schulpflichtverletzungen gab es daher nicht. Vielleicht auch aus der Angst heraus, dass diese dem Ruf der jeweiligen Schule schaden könnte.
Daher ist es für die Behörde umso wichtiger, dass die überarbeitete Handreichung schnell umgesetzt wird. „Wir werden weiterhin daran arbeiten, dass die Schulen das Problem aufmerksam beachten, sorgfältig die Anwesenheit, der Kinder kontrollieren und sofort handeln, wenn es Anzeichen von Schulschwänzen gibt“, so Ties Rabe.