Kein Corona-Impfstoff?: Tschentscher: „Dann müssten wir die Strategie ändern“
Das denkt Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) über die aktuelle Corona-Situation: In einem „Spiegel„-Interview verteidigt er Berlin, übt Kritik an Markus Söder (CSU) und spricht über Impfstoffe sowie Corona im Winter.
Die aktuelle Situation sei kritisch, so Tschentscher zum „Spiegel“. Einen zweiten Lockdown wolle man unbedingt verhindern, doch die Sorge vieler Deutscher mit Blick auf den Winter ist groß. Um eine weitere große Infektionswelle zu verhindern, setzt der 54-Jährige auf Disziplin.
Hamburg: Tschentscher setzt auf Disziplin gegen zweiten Lockdown
In der kalten Jahreszeit werden sich wieder mehr Veranstaltungen und Feierlichkeiten in den Innenbereich verlagern: „Wir müssen auf die Belüftung achten, auf die Zahl der Personen, die sich in einem Raum aufhalten, und auf Atemaktivität.“ Das Problem seien vor allem Veranstaltungen auf engem Raum unter Alkoholeinfluss.
Corona in Hamburg: Feiern mit Alkohol sind das größte Problem
Seiner Meinung nach, sollten die Länder und Städte wieder einheitliche Regelungen einführen und sich besser austauschen. Aktuell sorgen ständig wechselnde und verschiedene Maßnahmen für große Verwirrung in ganz Deutschland. Am Freitag findet daher eine Konferenz der Bürgermeister der zehn größten Städte Deutschlands mit Bundeskanzlerin Angela Merkel statt. Für Tschentscher entscheidend, denn: „Bei allen Diskussionen von Bund und Ländern: Die Pandemie wird letztlich in den Metropolen entschieden.“
Zuletzt hat der bayrische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) starke Kritik an Berlin geäußert. In der Hauptstadt steigen die Zahlen immer weiter, vier Bezirke gelten als Risikogebiete. Von der Kritik hält Tschentscher nichts: „Das Bashing einzelner Städte oder Länder hilft uns nicht weiter. Es gab Zeiten, da hatte München die höchsten Infektionsraten. Und da hat auch niemand gesagt, dass das an der Natur der Münchner liegt.“ Wichtiger sei es jetzt, auf das Infektionsgeschehen richtig zu reagieren.
Corona und reisen: Beherbergungsverbote nur gering hilfreich
Der Grund für die steigenden Infektionen sind laut Tschentscher vor allem die Bürger, die zu ausgelassen feiern. Eine Sperrstunde wie in Berlin sei zwar sinnvoll, vorerst aber nicht nötig in Hamburg. Noch dazu sei sie ein massiver Eingriff in die bereits geschwächte Gastronomie.
Die Wirksamkeit des neu eingeführten Beherbergungsverbots für inländische Touristen aus Hochinzidenzgebieten beurteilt der Bürgermeister nur als gering hilfreich. „Viel wichtiger ist es, die Regeln in den Ballungsräumen durchzusetzen.“
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Mit den aktuellen Maßnahmen wolle man die Zeit bis zum funktionierenden Impfstoff überbrücken. Doch was passiert, wenn die Forschung an einem Impfstoff scheitert oder sehr viel länger dauert? „Dann werden wir die Strategie ändern müssen und vermutlich auf die natürliche Immunität setzen, die nach einer Infektion auftritt“, so Tschentscher im „Spiegel“. Er sei aber „noch zuversichtlich, dass wir eine Impfung bekommen“. „Im besten Fall haben wir bald einen wirksamen Impfstoff, der schnell hergestellt werden kann. Dann müssen wir die richtigen Personengruppen impfen und möglichst bald eine hohe Impfrate in der Bevölkerung erreichen.“ (hns)