Kiez-Bewohner blicken nach vorn: So sieht St. Pauli in 30 Jahren aus
St. Pauli ist im Wandel wie kaum ein anderer Hamburger Stadtteil – und nicht alle Entwicklungen gefallen, denen, die dort zu Hause sind. Woche für Woche stellt die MOPO in der Serie „Kiez-Menschen“ Leute vor, die den Stadtteil auf ihre ganz eigene Weise prägen. Nun wollten wir von diesen St. Paulianern wissen: Wie sieht der Kiez in 30 Jahren aus?
Graffiti-Künstler Ray de la Cruz (45): Ich befürchte, dass sich der Kiez dann in ein Hipster-Viertel verwandelt hat, in dem die alten Kiezianer keinen Platz mehr haben.
Burlesque-Queen Eve Champagne (37): Schwierig. Ich denke es wird ein Entertainment-District für Bonzen werden. Wie ein zweites Alsterviertel. Mit Privatjachten an der Elbe.
Wirtin Micky Hensel (56) von der „Nachtschicht St. Pauli“ an der Gerhardstraße: Wenn es nach mir ginge, müsste es wieder so sein wie vor der Jahrtausendwende. Mehr Milieu, weniger asoziales Partyvolk.
Klomann, Putz-Experte und Hausmeister André „Atze“ Schneider (45): Ich hoffe inständig, dass wir den Kiez in 30 Jahren überhaupt noch haben. Dass viele Läden überleben und auch die alten Gebäude erhalten bleiben. Momentan habe ich da leider Bedenken. Und ich hoffe auch, dass ich dann noch hier rumgeistere. Der Kiez ist mein Leben.
Kiez-Menschen stellen sich St. Pauli in 30 Jahren vor
Taxifahrer Henrik „Henni“ Moss (45): Oha. Das ist schwierig. Hoffentlich wird der Kiez immer der Kiez bleiben. Auch wenn die Politik dazwischen grätscht oder irgendwelche Pandemien um die Ecke kommen. Ich bin mir aber sicher, dass auf St. Pauli immer Licht brennen wird.
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Silbersack-Wirt Dominik Großefeld (37): Etwas mehr Glasfassaden und nicht weniger Scherben. Hoffentlich mit nicht weniger individuellen gastronomischen Konzepten. Hoffentlich mit nicht weniger sozialem Wohnraum und hoffentlich mit weitaus mehr urbanen Räumen.
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Penny-Filialleiterin Ramona Koch (41): Noch schriller und bunter mit hoffentlich weniger Armut und Kriminalität.
Nicky Wichmann (49), Chefin des „Amsterdam Headshop“ an der Reeperbahn
Ich befürchte, dass die Mieten nicht mehr bezahlbar sind, es dann auf dem Kiez lauter Hotels gibt und das Flair, das schon heute im Umbruch ist, durch Massentourismus verloren geht. Ich hoffe es kommt anders.
St. Pauli Pastor Sieghard Wilm (57): Der Kiez erfindet sich immer wieder neu. Das Gesamtkunstwerk bleibt, jede Generation entwickelt es weiter.
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Axel Strehlitz (55), Clubbetreiber, Unternehmer und Gastronom: St. Pauli wird das sein, was es immer war. Der sich selbst erfüllende Sehnsuchtsort. Weil sich auf 930 Metern das gesamte kulturelle und soziale Leben unseres Landes wiederspiegelt. Das ist wie unter einer Lupe und das wird auch so bleiben. (mp)