Kleine Sensation: Erstmals digitale Zeitreise durch Hamburgs Pressegeschichte möglich
Eine sehr gute Nachricht für alle Forschenden und historisch Interessierten: Die Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg wartet mit einem ganz besonderen Nikolausgeschenk auf. Nach einer mehrjährigen Projektphase stellt sie jetzt das kostenlos nutzbare Portal „Hamburger Zeitungen Digital“ online. Der User erhält damit Zugriff auf 35 Zeitungstitel aus der Zeit zwischen 1700 und 1945. Insgesamt lassen sich 235.000 Zeitungsausgaben und mehr als zwei Millionen Zeitungsseiten digital erforschen.
Für historisch Interessierte eröffnet das vielfältige neue Recherche-Möglichkeiten: Sie können über eine Kalendersuche bestimmte Daten auswählen, Suchergebnisse filtern und ganze Ausgaben oder einzelne Seiten herunterladen. Mit der Volltexterkennung, die bereits für die meisten Scans eingerichtet wurde, sind zudem Suchbegriffe innerhalb der Texte auffindbar.
Die älteste Zeitung ist die „Reichs Post Reuter“ aus dem Jahr 1700
„Hamburger Zeitungen Digital“ ermöglicht somit Einblicke in die bewegte Geschichte Hamburgs von der Aufklärung bis in die Neuzeit. Die älteste verfügbare Ausgabe ist der „Reichs Post Reuter“ aus dem Jahr 1700, die jüngste ein „Hamburger Fremdenblatt“ vom April 1945. Inhaltlich und politisch bilden die historischen Blätter ein vielfältiges Spektrum ab. Es finden sich darunter bekannte Titel wie der renommierte „Hamburger Correspondent“, das überregional verbreitete „Hamburger Fremdenblatt“, das sozialdemokratische „Hamburger Echo“ und auch das „Hamburger Tageblatt“, die Tageszeitung der NSDAP. Zudem werden viele Regionalzeitungen angeboten, beispielsweise die „Bergedorfer Zeitung“ und unbekanntere Titel wie das frühe sozialdemokratische „Hamburg-Altonaer Volksblatt“.
Aufgrund der Tatsache, dass das digitalisierte Zeitungsmaterial auch nationalsozialistische, rassistische und gewaltverherrlichende Inhalte enthält, versieht die Stabi die veröffentlichten Titel mit zusätzlichen Informationen und Literaturhinweisen und erleichtert so eine kritische Einordung. Für die historische Forschung stellt das Material eine unschätzbare Quellensammlung dar, die neue wissenschaftliche Erkenntnisse ermöglicht. Alle Zeitungsausgaben sind mit einer Lizenz oder einem Rechtehinweis versehen, so dass klar erkennbar ist, welche Nachnutzung rechtlich zulässig ist.
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Zwei Jahre hat die Stabi an dem Projekt „Hamburger Zeitungen Digital“ gearbeitet
Obwohl die Stabi als Landesbibliothek schon seit dem 17. Jahrhundert Hamburger Zeitungen gesammelt hat, mussten sich die Beteiligten für die Digitalisierung bundesweit auf Titelsuche begeben. Denn die eigentliche historische Zeitungssammlung der Bibliothek existiert seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr – sie ging 1943 bei einem Bombenangriff auf das ehemalige Gebäude am Speersort nahezu komplett verloren. Ermöglicht wurde „Hamburger Zeitungen Digital“ nicht zuletzt durch zahlreiche Projektpartner und die Deutsche Forschungsgemeinschaft, die die letzte Projektphase mit Fördermitteln unterstützte.
Forscher, die darauf warten, dass die Stabi auch die Zeitungen ab 1945 digitalisiert, müssen sich übrigens weiter gedulden. Wie Dr. Konstantin Ulmer, der Sprecher der Staats- und Universitätsbibliothek mitteilt, ist so etwas lizenz- und urheberrechtlich derzeit unmöglich.