Knatsch um Kiez-Kunst: Promis steigen aus Wettbewerb aus
Ärger gibt es auf dem Kiez allerhand. Doch normalerweise spielen Alkoholpegel und Testosteronspiegel dabei eine entscheidende Rolle. Aktuell gibt es jedoch Knatsch um Kunst. Für den „Artwalk Reeperbahn“ wurde das Bild einer neuen Persönlichkeit gesucht, die als lebensgroße Figur auf dem Kiez aufgestellt wird. Zehn Künstler:innen traten mit ihren Werken an. Mittlerweile sind zwei wieder ausgestiegen – wegen des Streits um ein Online-Voting.
Bereits 2017 rief das „BID Reeperbahn+“ den „Artwalk Reeperbahn“ ins Leben – um die Persönlichkeiten des Kiezes auf die Straße zu bringen. Für einige Wochen im Jahr werden 13 lebensgroße Figuren von Kiez-Größen entlang der Meile aufgestellt. Mit dabei sind unter anderem bekannte Persönlichkeiten wie Domenica, Hans Albers und Udo Lindenberg. Aber auch Menschen, die das Viertel im Kleinen prägen, wie die Bürgernahe Beamtin Margot Pfeiffer oder „Silbersack“-Wirt Dominik Großefeld.
In diesem Jahr soll eine neue Figur hinzukommen. Dafür hatte das „BID Reeperbahn+“ Künstler:innen zum Wettbewerb aufgerufen. Die Jury, bestehend aus Vertreter:innen des BID, des Bürgervereins St. Pauli, der IG St. Pauli, des Bezirksamtes Mitte, dem Künstler Uli Pforr und der Künstlerin Maaike Dirkx, wählte die neun besten Bilder aus. Die Entwürfe wurden online präsentiert und auf Instagram zum Voting aufgerufen. Dabei sollten die abgegebenen Stimmen zu 30 Prozent zählen, die der Jury zu 70 Prozent.
Jury-Mitglied postet „Artwalk“-Favoriten
Auch Kiez-Künstler Ray de la Cruz war mit Künstlerin Lilli Waterkant unter den Finalisten – mit ihrem gemeinsamen Bild des verstorbenen Kult-Wirts „Crazy Horst“. Doch die beiden sind mittlerweile ausgestiegen – nachdem Jury-Mitglied Maaike Dirkx noch während der öffentlichen Abstimmung ihre beiden Favoriten gepostet hatte.
„Wie kann man als Jurymitglied derart Partei ergreifen und für einzelne Künstler:innen werben? Das ist eine Frechheit“, sagt Ray de la Cruz. Maaike Dirkx verließ die Jury. Gestern erklärte sie dazu: „Das war als Teaser gemeint. Ich habe zu spät realisiert, dass ich das als Jurymitglied gar nicht machen darf.“
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Ray de la Cruz ist sauer, dass es nicht schon vorher eine öffentliche Stellungnahme des BID gab. Er hätte erwartet, dass das Voting danach neu gestartet wird. Zumal eines der Bilder, das Maaike Dirkx gepostet hatte, innerhalb weniger Stunden auf einmal 1500 Likes bekommen habe. Die Vermutung, dass Likes gekauft wurden, machte die Runde. „Das ist Fake. Andere Werke wurden in der ganzen Zeit wenige Hundert Mal geliked“, sagt Ray de la Cruz.
Das Bild, um das es geht, zeigt Micky Hensel, Wirtin der „Nachtschicht“. Die Frau, die auf dem Kiez bekannt ist für ihr großes Herz und klare Kante. „Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich das niemals machen würde.“ Als die Vorwürfe bekannt wurden, bat sie die Jury, sofort zu prüfen, ob das Voting korrekt abgelaufen ist. „Den Vorwurf, dass für einige Motive wohl Likes gekauft wurden, haben wir mit unseren Möglichkeiten geprüft und keine großen Auffälligkeiten feststellen können“, sagt Julia Staron vom Quartiersmanagement des „BID Reeperbahn+“. Der Erfolg einiger Beiträge sei in erster Linie über die sehr starken und begeisterten Communities der Künstler:innen und der jeweiligen Persönlichkeit zu Stande gekommen.
Neue Figur wird auf Hans-Albers-Platz enthüllt
Die Wirtin der „Nachtschicht“ ist traurig, dass „das jetzt solche Ausmaße angenommen hat. Es ist ein mega Projekt und ich war so stolz, dabei sein zu dürfen. Von jedem von uns ist ein tolles Kunstwerk entstanden und ich sehe niemanden als Verlierer. Wir sind alle Gewinner.“
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Wer nach all der Aufregung am Ende auf dem Kiez zu sehen sein wird, ist noch nicht bekannt. Am 6. Juli soll die neue Figur auf dem Hans-Albers-Platz enthüllt werden. Der „Artwalk“ ist vom 11. Juli bis Ende September entlang der Reeperbahn zu sehen.