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Kritik an Lockerungs-Plänen: Die Gewinner und Verlierer der neuen Corona-Regeln

Des einen Freud ist des anderen Leid: Die ersten Lockerungen der Corona-Maßnahmen, die Bund und Länder am Mittwoch beschlossen haben, lassen viele Branchen aufatmen – allerdings liegen viele Bereiche weiter auf Eis. Das sorgt für teils massive Kritik und Unverständnis bei Betroffenen und Experten. Die MOPO zeigt, wer die Gewinner und wer die Verlierer der neuen Corona-Regeln sind. 

Die neuen Lockerungen sind ein kleiner Schritt in Richtung Normalität und auch ein kleiner Lichtblick für die Wirtschaft in der Stadt Hamburg. Wie die Bundeskanzlerin am Mittwochabend in einer Pressekonferenz mitteilte, dürfen ab kommendem Montag Geschäfte wieder öffnen – soweit die Ladenfläche nicht mehr als 800 Quadratmeter beträgt. Für viele Einzelhändler in der City eine große Erleichterung. Sie können unter Beachtung der Vorgaben in Bezug auf Abstand und Hygiene wieder ihre Waren verkaufen.

Doch nicht nur Geschäfte profitieren von den neuen Lockerungen. Auch Bibliotheken, Archive und zoologische sowie botanische Gärten können unter Anwendung der Auflagen wieder Besucher empfangen. Zentrale Einrichtungen wie Drogerien, Tankstellen oder Banken bleiben wie auch schon zuvor geöffnet.

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Corona-Regeln: Ein kleiner Gewinner sind die Friseurstudios

Friseure können zumindest langsam auf Besserung hoffen. Die Friseurbetriebe sollen sich laut Bundesregierung darauf vorbereiten, unter gewissen Auflagen und mit Schutzausrüstung, den Betrieb am 4. Mai wieder aufzunehmen.

Trotz Geschäfts-Öffnungen ab Montag: Unmut im Einzelhandel 

Auch wenn das erst einmal gute Nachrichten sind – die Lockerungen betreffen bei weitem nicht alle Bereiche. Betreiber von großen Läden oder Gastronomen schauen weiter in die Röhre. Das sorgt für Unmut. Obwohl durch die Lockerungen etwa 80 Prozent der Läden in Innenstadtlage wieder öffnen könnten, wie das Beratungsunternehmen Jones Lang LaSalle gegenüber dem ARD-„Hauptstadtstudio“ erklärte, ist besonders der Einzelhandel nicht erfreut über die neuen Regelungen. 

Einzelhandelsverband: Keine Sachargumente für stufenweise Öffnung

Branchenverteter sehen die Maßnahmen sogar als unfair an, wie „tagesschau.de“ berichtet. Der Einzelhandelsverband teilte mit, es gebe keine Sachargumente für die stufenweise Öffnung. Gegenüber der Tagesschau erklärte Hauptgeschäftsführer Stefan Genth: „Lockerungen der Ladenschließung dürfen sich nicht an Betriebsgrößen oder Verkaufsflächen festmachen. Die jetzt beschlossenen Vorgaben führen zu Wettbewerbsverzerrungen und Rechtsunsicherheiten.“ Seiner Einschätzung nach könnten große Märkte mit beispielsweise 1500 Quadratmetern die Vorgaben viel einfacher umsetzen.

Auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag äußert sich kritisch zu den Lockerungs-Plänen. „Trotz erster kleiner Signale von Öffnungen im Bereich des Einzelhandels fehlt für viele Betriebe weiterhin eine klare Perspektive für ihr Geschäft“, hieß es. Ein wirklicher gemeinsamer Fahrplan Richtung Normalität sei der Beschluss noch nicht, dafür seien noch zu wenig Konturen deutlich.

Handelsverband Textil: Eine „willkürliche Einteilung“

Für den Handelsverband Textil sind die neuen Corona-Regeln eine „willkürliche Einteilung“, die große Geschäfte benachteilige. „Eigentlich müssten Unternehmen, die nicht öffnen dürfen, Kompensationszahlungen erhalten“, sagte Sprecher Axel Augustin. 

Doch neben dem teilweise betroffenen Einzelhandel fühlen sich vor allem die Gastronomen im Nachteil. Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) in Mecklenburg Vorpommern kritisiert, dass die Branche nicht von den ersten Lockerungsmaßnahmen zum Schutz vor der Corona-Pandemie profitieren kann.

Gaststättenverband Dehoga fordert Rettungspaket

Der Verband fordert daher ein sofortiges Rettungspaket. Das Gastgewerbe sei die am stärksten betroffene Branche in der Krise: „Nicht nur dass unsere Betriebe die ersten waren, die geschlossen wurden, nunmehr ist klar, dass wir auch die letzten sein werden, die wieder öffnen dürfen.“ Die rund 6000 Betriebe des Gastgewerbes mit ihren rund 55.000 direkt Beschäftigten hätten gehofft, dass der geschäftliche Alltag langsam und mit Auflagen wieder anlaufen könne. 

Corona-Lockerungen: Großveranstaltungen abgesagt

Ebenso hart trifft es die Kulturindustrie, vor allem die Festival-Veranstalter, die bis einschließlich 31. August alle geplanten Konzerte und Festivals absagen mussten. Viele äußerten sich am Donnerstag zwar enttäuscht, aber verständnisvoll. Wie es mit den jeweiligen Veranstaltugen konkret weitergeht, ist zum Teil noch offen. Auch Clubs, Theater, Bars, Kneipen, Opern, Konzerthäuser, Museen, Messen, Ausstellungen und Freizeitparks sind weiterhin dicht. 

Kirchen, Synagogen und Co. weiterhin geschlossen

Auch Religionsgemeinden müssen auf Zusammenkünfte in Kirchen verzichten. Religiöse Feierlichkeiten und Zusammenkünfte anderer Glaubensgemeinschaften bleiben ebenfalls weiter untersagt. 

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Und zu guter Letzt darf man auch nicht die vielen Eltern vergessen, die ihre Kinder nach jetzigem Stand größtenteils nicht in die Kita oder in die Schule schicken können. Vor allem Alleinerziehende trifft die Situation hart. Ein normaler Alltag ist in vielen privaten Haushalten kaum möglich. Ein Arbeitsalltag ohnehin nicht – trotz Homeoffice.

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