• Sänger Ole Feddersen (46) steht normalerweise mit Udo Lindenberg (74) auf der Bühne – jetzt arbeitet er als Küchenmonteur.
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Küchenmontage anstatt Panikrocker: Das machen soloselbstständige Künstler im Lockdown

Der Lockdown stellt derzeit wohl so gut wie jeden vor eine Herausforderung. Für soloselbstständige Künstler bedeutet diese Zeit nicht nur, in ihrer Existenz bedroht zu sein – sie leiden vor allem auch darunter, dass sie den Beruf, für den sie so sehr brennen, nicht mehr ausüben dürfen. Die MOPO hat mit einigen Kulturschaffenden aus Hamburg darüber gesprochen, wie sie die Krisenzeit überstehen – und sogar für sich nutzen können.

Eigentlich sollte es mit Udo Lindenberg gemeinsam auf Tour gehen – dann kam Corona. So hat es Sänger Ole Feddersen wieder zu seinen Anfängen verschlagen: Seit Juni arbeitet er in einem Möbelmarkt, um die Zeit bis zur Auszahlung der Corona-Hilfen zu überbrücken. „Da ich gelernter Tischler bin, ergab sich aus einem ‚Notjob‘, welchen ich gemeinsam mit meiner Frau Nathalie Dorra begonnen hatte, meine jetzige Beschäftigung“, erzählt Feddersen der MOPO. Zuerst kümmerte sich das Paar um die Außenanlagen des Möbelhauses, nun ist der Hamburger als Küchenmonteur dort beschäftigt.

Hamburg: Das machen soloselbstständige Künstler im Corona-Lockdown

Auch wenn schon ein Teil seiner Novemberhilfen angekommen ist, ist der 46-Jährige nicht zufrieden mit der Unterstützung für Soloselbstständige. „Selbst in einer Notlage wie dieser läuft der bürokratische Apparat einfach zu langsam und fehlerhaft. Da gibt es Verbesserungsbedarf“, so Feddersen. Das größte Problem seien laufende Kosten wie Steuern, Miete und Krankenkassenbeiträge. Einzig die Hoffnung auf bessere Zeiten halte ihn derzeit über Wasser. Sein Tipp: „Nach einer Alternative suchen und Pläne schmieden, um nicht in ein bodenloses Loch zu fallen. Es gibt immer einen Weg, auch wenn er unbequem ist.“

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Tagsüber Privatlehrer, nachts Autor: So sieht derzeit der Alltag von Kabarettist und Schriftsteller Sebastian Schnoy aus. Er unterrichtet zwei seiner vier Kinder derzeit selbst zuhause. „Eine der größten Lügen in der Pandemie heißt ‚digitaler Unterricht‘. Ich warte bis heute darauf, dass die Lehrkräfte um 8 Uhr bei Zoom auftauchen, um meine Kinder davon abzuhalten, mich zu wecken. Aber da ist niemand“, erklärt er der MOPO. Die Schule seiner Kinder schicke lediglich Aufgaben per Mail.

Hamburger Kabarettist: „Die geschlossenen Theater brechen mir das Herz“

Noch im Oktober moderierte er den Quatsch Comedy Club in Hamburg, seinen letzten richtigen Auftritt hatte er allerdings im März. „Ich vermisse es sehr, auf der Bühne vor Publikum zu stehen, der Applaus – das kann schon extrem süchtig machen“, gesteht Schnoy. Doch ihm ist klar, dass kein Theater mit Abstandsregeln wirtschaftlich funktionieren kann. „Egal ob ich in Eppendorf an Alma Hoppes Lustspielhaus vorbeifahre oder auf der dunklen Reeperbahn an den drei Schmidt Theatern – es bricht mir das Herz, dass sie geschlossen sind.“

Kabarettist Sebastian Schnoy (51) unterrichtet derzeit tagsüber seine Kinder daheim.

Kabarettist Sebastian Schnoy (51) unterrichtet derzeit tagsüber seine Kinder daheim. 

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Franca Wrage

Der 51-Jährige wartet wie so viele auf die Novemberhilfen und ist mittlerweile offen dafür, sich in der Zwischenzeit einen Nebenjob zu suchen. „Im Moment sind die Hilfen kompliziert, kommen spät oder gar nicht an und stressen nicht nur die Antragstellenden, sondern auch die Behörden.“ Sein Vorschlag: Ein monatliches Kunstarbeitergeld in Höhe von 60 Prozent des Monatsdurchschnitts 2019 – ohne Wenn und Aber.   

Hamburger Elvis-Imitator: „Webkonzerte sind kein Ersatz”

Auch für Shezad Eikmeyer, bekannt unter seinem Künstlernamen „Shelvis“, bedeutete der Lockdown, umdenken zu müssen. Der Elvis-Imitator arbeitet bereits seit einigen Jahren nebenberuflich als Telefoninterviewer in einem Marktforschungsinstitut. „Während des Lockdowns ist dieser Nebenjob umso wichtiger geworden“, sagt er zur MOPO. Ganz auf Publikum musste der 45-Jährige aber nicht verzichten: Er gab regelmäßig Balkonkonzerte für Seniorenheime und macht wöchentlich Webkonzerte via Facebook – auch für eine virtuelle Weihnachtsfeier wurde er gebucht. „Das freut mich natürlich sehr, ist aber kein wirklicher Ersatz für die realen Auftritte.“

Shezad Eikmeyer (45) steht eigentlich als „Elvis“ auf der Bühne – sein Nebenjob als Telefoninterviewer wurde für ihn in diesen Zeiten immer wichtiger.

Shezad Eikmeyer (45) steht eigentlich als „Elvis“ auf der Bühne – sein Nebenjob als Telefoninterviewer wurde für ihn in diesen Zeiten immer wichtiger.

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Shezad Eikmeyer

Shelvis glaubt fest daran, dass um Ostern rum wieder einige Kultur-Veranstaltungen möglich sein werden. Bis dahin hat er einen Tipp an seine Kollegen: „Künstler müssen derzeit flexibel und sich für Nebenjobs nicht zu schade sein. Vielleicht entdecken sie sogar andere Talente, die zu einer Berufsumorientierung führen.“ Auf sozialen Netzwerken aktiv zu bleiben sei ebenso wichtig.

Hamburger Künstlerin: „Ich lebe von privaten Rücklagen“

Für die Künstlerin Corinna Holthusen hat sich am Arbeitsablauf wenig geändert: Sie fotografiert weiterhin und überarbeitet in ihrem eigenen Atelier ihre Fotodrucke. Dabei habe sie mehr Ruhe als sonst verspürt. Doch den Ausfall von Veranstaltungen bekommt sie trotzdem zu spüren. „Dass ganze Vernissagen ausfallen und viele vorsichtig gewesen sind, überhaupt Ausstellungen zu besuchen, hat schon einen großen Unterschied gemacht. Für die Umsätze ist das bitter – ich lebe gerade von meinen privaten Rücklagen“, sagt Holthusen im Gespräch mit der MOPO.

Alles beim Alten: Künstlerin Corinna Holthusen (53) hat das Glück, ein eigenes Atelier zu haben.

Alles beim Alten: Künstlerin Corinna Holthusen (53) hat das Glück, ein eigenes Atelier zu haben. 

Foto:

Corinna Holthusen

Immerhin könne sie online noch weiterhin ihre Kunstwerke verkaufen – entweder im Original oder als Puzzle-Version, wie es die Affenfaust-Galerie aktuell anbietet. „Die haben sich wirklich gut verkauft“, so die 53-Jährige. Das Online-Geschäft werde auch in Zukunft immer interessanter für Künstler, könne aber Ausstellungen nicht ersetzen. „Bilder in Natura anzuschauen wird immer wichtig bleiben“, sagt sie. Man könne das Haptische und die Farben viel besser wahrnehmen, wenn man davor steht. 

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