Leergefegt!: Mein Urlaubsort wurde zur Corona-Sperrzone erklärt
Die Straßen: Leer. Viele Bars: Verrammelt. In ganz Italien gilt seit Dienstag ein Dekret, das besagt, dass die Leute möglichst zu Hause bleiben sollen. Eigentlich wollte ich ein paar Wochen in Sizilien abschalten. Doch über Nacht wurde auch mein Gebiet zur Sperrzone.
Als ich morgens mein Smartphone einschalte, ploppen bei WhatsApp Nachrichten aus Deutschland auf. „Ähm, du bist jetzt eingesperrt, oder?“, „Conte setzt Reisefreiheit außer Kraft – stimmt das?“ Eine Freundin, die in Südtirol arbeitet, fragt: „Sind wir jetzt wirklich alle in einem Sperrgebiet?“ Ich starre ungläubig auf den Bildschirm, suche im Internet nach den Nachrichten.
MOPO-Reporterin: Ich darf nicht mehr ohne Grund vor die Tür
Die Gewissheit fühlt sich komisch an: Tatsächlich bin ich nun in einer Sperrzone, darf nicht mehr ohne triftigen Grund vor die Tür. Noch am Tag vorher haben wir – mein italienischer Gastgeber Giorgio aus Fiumefreddo di Sicilia und ich – über die übertriebenen Maßnahmen der italienischen Regierung im Norden gelacht. Dort wurde ein Kumpel von mir tatsächlich beim Spazierengehen von der Polizei gestoppt, befragt und wieder nach Hause geschickt.
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Frische Luft schnappen ist auch für Leute ohne Balkon und Garten verboten. Das klingt zunächst mal nach First-World-Problems, aber sich nicht frei bewegen zu können, eingesperrt zu sein, bereitet mir ein mulmiges Gefühl. Ein Gefühl, das ich noch vor einem Tag abgestritten hätte zu haben.
Leere Züge, geschlossene Läden: Eine Art Endzeitstimmung kommt auf
Doch wenn ich nun am Hauptbahnhof von Catania stehe und sehe, dass dort außer mir nur drei andere Leute auf den quasi menschenleeren Zug warten, wenn ganze Straßenzüge verrammelt sind und mit ihren heruntergelassenen Rollläden wie Geisterstädte wirken, wenn fast alle Geschäfte geschlossen sind und selbst auf der Autobahn zwischen Catania und Messina nur eine Handvoll Autos unterwegs sind, kommt automatisch eine Art Endzeitstimmung auf.
Solche Bilder kenne ich sonst nur aus Katastrophenfilmen. Hier hat immerhin eine Bar noch geöffnet. Dort trinken wir einen caffè – das ist erlaubt, wenn der Mindestabstand von einem Meter zwischen den Personen gewährleistet wird. Und tatsächlich stellt die Barista die Tassen weit entfernt auf den Tresen. An den Tischen Platz nehmen dürfen wir nicht, da bleibt sie hart. Denn mehr Angst als vor dem Virus hat sie vor den Behörden. Die können nämlich ihre Bar schließen, wenn sie gegen die Regeln verstößt.
Große Unsicherheit: Keiner weiß, was er darf und was nicht
Die größte Unsicherheit, so scheint es, ist, dass keiner wirklich weiß, was er darf und was nicht. So ruft Giorgios Augenarzt an, um den heutigen Termin abzusagen. Allerdings ist der neue schon in zwei Tagen. Was sich bis dahin geändert haben soll, ist mir ein Rätsel.
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Panik herrscht hier nirgends. Auch meine italienischen Freunde in der Lombardei, in Apulien und Südtirol sagen, bei ihnen sei alles ruhig. Das Land scheint heute in einer Art Schockstarre zu sein. Und ich stehe plötzlich vor der Frage, ob ich versuche, einen früheren Flug zu buchen oder ob ich in der Sperrzone bleibe …