Liberale Juden bekommen neuen Betsaal – an historischer Stelle
Vor 84 Jahren wurde hier der letzte jüdische Gottesdienst gefeiert: Jetzt zieht die Reformgemeinde in den Betty-Heine-Saal auf St. Pauli – und möchte an die Tradition des Ortes anknüpfen.
Die Jüdische Gemeinde Hamburg schlägt ein neues Kapitel ihrer Geschichte auf: Am Freitag wurde der historische Betty-Heine-Saal im ehemaligen Israelitischen Krankenhaus auf St. Pauli als Betsaal der Reformsynagoge in Hamburg eingeweiht.
Hamburg: Neuer Betsaal für Juden auf St. Pauli
Bis die Einheitsgemeinde mit allen Angeboten in die neuen Gebäude der Bornplatzsynagoge einziehen kann, werde der Saal nun das Zuhause der liberalen Juden, teilte die Jüdische Gemeinde mit. „Ich freue mich sehr, dass mit dem heutigen Tag die Sichtbarkeit der Gemeinde und die Vielfalt jüdischen Lebens in unserer Stadt gestärkt werden“, sagte Hamburgs Zweite Bürgermeisterin, Katharina Fegebank.
Als der Rabbiner Joseph Carlebach im August 1939 hier den letzten Gottesdienst hielt, hatte das Gebäude bereits fast 100 Jahre lang Geschichte geschrieben. 1841 von dem Hamburger Kaufmann Salomon Heine zum Andenken an seine gestorbene Frau Betty gestiftet, hatte das Hospital nicht nur die Krankenversorgung der Hamburger Jüdinnen und Juden erheblich verbessert. Es war auch zu einer Anlaufstelle für Hamburger aller Konfessionen geworden. Auch für die Menschen, die sich eine ärztliche Behandlung nicht leisten konnten – ein soziales Novum in der Hamburger Stadtgeschichte.
„Dass der Hamburger Oberrabbiner Carlebach den letzten Gottesdienst im Betty-Heine-Saal des Israelitischen Krankenhauses feierte, verstehen wir heute als Auftrag, an die ehrwürdige Geschichte der Hamburger Jüdischen Gemeinde anzuknüpfen und diese als moderne Jüdische Gemeinde in die Zukunft zu führen“, sagte Michael Heimann von der Kultuskommission der Reformsynagoge. Stefanie Szczupak vom Vorstand der Jüdischen Gemeinde betonte: „Wir freuen uns, nach so vielen Jahren wieder Teil der vielfältigen Gesellschaft im Stadtteil St. Pauli zu werden.“ Und Rabbiner Dr. Gàrbor Lengyel ergänzte: „Obwohl Leo Baeck 1933 erklärte, dass die Geschichte der Juden in Deutschland zu Ende sei, lebt erneut eine zarte Pflanze auch hier im wiedereingeweihten Betty-Heine-Saal.“
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Als Einheitsgemeinde bietet die Jüdische Gemeinde in Hamburg Raum für verschiedene Strömungen des Judentums und ist das Dach für sowohl die orthodox geprägte Synagoge in der Hohen Weide als auch für die liberal geprägte Reformsynagoge im Betty-Heine-Saal. (dpa/vd)
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