Ein mobiler Luftfilter in einem Klassenzimmer (Symbolbild)
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Luftfilter an Schulen: Macht Hamburg es richtig? Das sagt der Experte

Nach langem Zögern will Hamburg in den Klassenräumen demnächst mobile Luftfilter zur Eindämmung des Coronavirus einsetzen. Die MOPO hat mit Gerhard Scheuch, einem der führenden deutschen Aerosolforscher, darüber gesprochen, was die Filter bringen, ob Hamburg den richtigen Weg geht und ob das nicht alles hätte früher passieren müssen.

MOPO: Wie sinnvoll ist der Einsatz von mobilen Luftfiltern an Schulen?

Gerhard Scheuch: Wenn sie richtig eingesetzt werden, dann sind diese Geräte sehr hilfreich.

Wie werden die Luftfilter denn richtig eingesetzt?

Erst mal muss man die richtigen Geräte wählen. Diese sollten die Raumluft mindestens vier- bis sechsmal pro Stunde umwälzen können. Und man muss sie auf der höchsten Stufe laufen lassen.

Aerosolforscher: Raumluftfilter an Hamburger Schulen sinnvoll

In Hamburg werden für die Schulen mobile HEPA-Luftfilter angeschafft. Genügen die diesen Anforderungen?

Ja. Wenn Hamburg H13- und H14-Filter anschafft, das ist optimal. Wobei H14 wirklich schon ein High-End-Filter ist, das ist für eine Schulklasse fast überdimensioniert. Die H13 Filter reichen auch vollkommen aus, weil sie 99,99 Prozent aller Aerosolpartikel aus der Luft herausbringen. Man muss nicht 99,9975 Prozent filtern.

Gerhard Scheuch ist Physiker und Aerosolforscher. hfr/ Dr. Gerhard Scheuch
Gerhard Scheuch ist Physiker und Aerosolforscher.
Gerhard Scheuch ist Physiker und Aerosolforscher.

Die Debatte über Luftfilter gibt es schon länger. Aber der flächendeckende Einsatz an Schulen folgt jetzt erst. Meinen Sie, da hätte man früher starten müssen?

Na, sicherlich. Man hätte das auch im letzten Herbst schon machen können. Kommt relativ spät die Erkenntnis, aber im Nachhinein lässt sich alles leicht kritisieren. Besser spät als nie. Die Geräte werden uns in Zukunft auch bei Grippe-Epidemien helfen. Ich hätte sie aber lieber schon im vergangenen Jahr in Seniorenheimen gesehen.

Experte: Luftfilter an Hamburger Schulen kommen spät

Hamburg hat sich lange auf die Empfehlung des Bundesumweltamts berufen. Das empfahl die mobilen Filter zunächst nur in Ausnahmefällen, für geschlossene Räume ohne Frischluftzufuhr.

Das stimmt, das Umweltbundesamt war einer der Bremser. Im letzten Jahr haben sie ein Papier publiziert, dass sehr unglücklich formuliert war. Daher kam die Diskussion erst zustande. Wir von der Aerosolforschung haben immer gesagt: Wir müssen alle Waffen benutzen, die wir haben im Kampf gegen dieses Virus. Da gehören die Raumluftfilter und das Lüften dazu, genauso wie Masken und kürzere Unterrichtszeiten. Man sollte die einzelnen Maßnahmen nicht gegeneinander ausspielen, sondern alle Möglichkeiten nutzen, die wir haben.

Die HEPA-Filter funktionieren ähnlich wie ein Staubsauger?

Genau, sie saugen die Luft an, Filtern feinste Partikel und Viren heraus und blasen die saubere Luft aus. In den HEPA-Filtern bleiben auch die kleinsten Partikelchen hängen, die sonst sehr schwer zu filtern sind.

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Kritiker der mobilen Luftfilter sagen, dass sie das Lüften nicht ersetzen können.

Normale Fensterlüftung plus Raumluftfilter halten wir aus der Aerosolforschung für am besten. Man darf nicht glauben, wenn Raumluftfilter im Raum stehen, ist alles geschafft. Zusätzlich kann man organisatorische Maßnahmen einführen und die Unterrichtszeiten verkürzen, um das Risiko einer Ansteckung zu reduzieren.

Aerosolforscher Scheuch: HEPA-Luftfilter auch in Seniorenheimen sinnvoll

Es gibt auch die Vorstellung, Fensterventilatoren einzusetzen und ein Fenster zu kippen. Was halten Sie davon?

Die Luft im Zimmer durch Frischluft von außen auszutauschen ist auch eine gute Idee, aber so eine Anlage verbraucht immer viel Energie. Sie pumpen warme Luft nach draußen und müssen Wärmetauscher einsetzen, um nicht so viel Energie zu verlieren. So etwas einzubauen wäre natürlich optimal, solche Anlagen zu installieren, wird aber Monate, wenn nicht Jahre dauern und ist sehr teuer.

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Neben den HEPA-Filtern gibt es auch mobile Luftfilter mit UV-C-Licht, Ionen oder Ozon. Was halten Sie von diesen Methoden?

Das ist sicherlich eine Alternative für Labore, aber nicht für Schulen. Ich würde nicht zu sehr über Spezialfilter diskutieren, weil wir jetzt auch schnelle und praktikable Lösungen brauchen. Die einfachsten Geräte sind die HEPA-Filter, da würde ich keine teureren anschaffen. UV-C-Filter, Ionen- oder Plasmafilter filtern nicht die Luft, sondern zerstören die Erbinformation der Viren und machen sie unschädlich. Ozonfilter sollen die Viren mit Ozon killen. Hier muss man aber darauf achten, dass es geprüfte Geräte sind – nicht, dass Ozon in den Raum austritt. Das ist ein gesundheitsschädliches Gas.

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