• Das UKE in Hamburg
  • Foto: imago images/Chris Emil Janßen

Mehr psychische Probleme: UKE-Studie: So leiden Kinder unter der Corona-Pandemie

Eppendorf –

Plötzlich war alles anders. Keine Schule mehr, kein Sport, keine Treffen mit Freunden. Vor allem für Kinder war und ist die Zeit während der Corona-Pandemie belastend. Wie sehr, das haben Wissenschaftler des UKE erforscht. Am Freitag haben sie ihre Studie vorgestellt, mit traurigem Ergebnis: Die psychische Gesundheit von Kindern hat sich während der Pandemie verschlechtert, vor allem bei denen aus benachteiligten Familien.

RavensSiebererUlrike20100923_02

Ulrike Ravens-Sieberer hat die Studie geleitet. 

Foto:

UKE

„Die meisten Kinder und Jugendlichen fühlen sich belastet, machen sich vermehrt Sorgen, achten weniger auf ihre Gesundheit und beklagen häufiger Streit in der Familie. Bei jedem zweiten Kind hat das Verhältnis zu seinen Freunden durch den mangelnden physischen Kontakt gelitten“, sagt Prof. Dr. Ulrike Ravens-Sieberer, Leiterin der Studie und der Forschungsgruppe „Child Public Health“ der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychotherapie und -psychosomatik des UKE.

UKE-Studie: So leiden Kinder unter der Corona-Pandemie

Zwischen dem 26. Mai und 10. Juni wurden bundesweit 1040 Kinder und Jugendliche zwischen 11 und 17 Jahren sowie 1586 Eltern per Online-Fragebogen um ihre Einschätzungen gebeten. Es ging um Themen wie psychische Gesundheit, Lebensqualität, Schule, Familie und Freunde. Die Ergebnisse wurden mit Studienergebnissen aus der Zeit vor der Corona-Pandemie verglichen. 

„Wir haben mit einer Verschlechterung des psychischen Wohlbefindens in der Krise gerechnet. Dass sie allerdings so deutlich ausfällt, hat auch uns überrascht“, sagt Studienleiterin Prof. Ravens-Sieberer. 

UKE-Studie: Kinder fühlen sich psychisch belastet

71 Prozent der befragten Kinder fühlen sich durch die Corona-Pandemie belastet. Zwei Drittel von ihnen gaben eine verminderte Lebensqualität und ein geringeres psychisches Wohlbefinden an. Zum Vergleich: Vor Corona war dies nur bei einem Drittel der Fall. 

Bei fast jedem dritten Kind stieg das Risiko für psychische Auffälligkeiten, vorher war es nur bei jedem fünften Kind. Mädchen und Jungen machen sich mehr Sorgen und zeigten etwa Hyperaktivität (24 Prozent), emotionale Probleme (21 Prozent) sowie Verhaltensprobleme (19 Prozent).

Kinder leiden unter psychosomatischen Auffälligkeiten

Die Wissenschaftler haben auch psychosomatische Auffälligkeiten festgestellt. Neben Gereiztheit (54 Prozent) waren dies Einschlafprobleme (44 Prozent) sowie Kopf- und Bauchschmerzen (40 bzw. 31 Prozent). 

Das könnte Sie auch interessieren: Corona in Hamburg – hier geht es zu unserem News-Ticker

Das Lernen zu Hause haben viele Kinder als belastend empfunden. Für zwei Drittel der Kinder und Jugendlichen sind Schule und Lernen anstrengender als in der Zeit vor der Corona-Pandemie, sie empfinden den schulischen Alltag teilweise als extrem belastend. „Das verwundert kaum, da den Kindern und Jugendlichen die gewohnte Tagesstruktur und natürlich ihre Freunde fehlen. Beides ist für die psychische Gesundheit sehr wichtig“, sagt Studienleiterin Prof. Ravens-Sieberer.

UKE-Studie: Kinder aus benachteiligten Familien leiden

Was die Studie auch gezeigt hat: Kinder, deren Eltern einen niedrigen Bildungsabschluss beziehungsweise einen Migrationshintergrund haben, erleben die Corona-bedingten Veränderungen als besonders schwierig. Fehlende Rückzugsmöglichkeiten in kleine Wohnungen, wenig Geld, fehlende Tagesstrukturen – all dies führt zu einem hohen Risiko für psychische Auffälligkeiten. „Wir brauchen dringend Konzepte, wie wir die Familien in belasteten Phasen besser unterstützen können. Wir wissen, wenn die Eltern belastet sind, sind es auch die Kinder. Und wenn verschiedene Belastungen zusammenkommen, nimmt das Risiko für psychische und psychosomatische Auffälligkeiten zu“, so die Studienleiterin.

Das könnte Sie auch interessieren: Jetzt demonstrieren Hamburgs Corona-Eltern

Kraft und Zuversicht in der schwierigen Zeit schöpften Kinder in Familien mit gutem Zusammenhalt – in denen Eltern Zeit mit ihren Kindern verbringen, mit ihnen etwas unternehmen, gemeinsam am Tisch sitzen, ihnen zuhören und ihnen das Gefühl geben, geliebt und gebraucht zu werden. 

Corona-Belastung: Studie auch für Hamburg in Vorbereitung

Weitere wichtige Erkenntnis der Studie: Die Belastung der Kinder hat mit zunehmenden Lockerungen wieder abgenommen. Die Studienergebnisse sollten dafür genutzt werden, um sich Präventionsangebote und Konzepte für eine mögliche zweite Welle zu überlegen. Etwa, wie man Eltern beim Homeschooling unterstützen könnte. 

Auch für Hamburg ist ein Studie in Vorbereitung, wie die Kinder der Stadt die Pandemie erlebt haben. Die Ergebnisse werden in etwa einem Monat vorgestellt. 

Email
Share on facebook
Share on twitter
Share on whatsapp