Corona in Hamburg: Liebe Senioren, nehmt das Virus bitte endlich ernst!
Nach diesem Wochenende bin ich mir nicht mehr so sicher, ob wir die Corona-Krise halbwegs glimpflich überstehen werden. Und schuld daran sind nicht gedankenlose oder unsolidarische junge Hamburger, sondern ausgerechnet die am schlimmsten Betroffenen, die Älteren. Ich habe den Eindruck, viele nehmen Corona immer noch nicht ganz ernst.
Aus Solidarität mit dieser Gruppe wird derzeit das halbe Land stillgelegt. Schulen dicht, Kitas dicht, Bars, Clubs, Museen, alles dicht. Firmen fahren die Arbeit runter, Eltern bleiben zu Hause, Kindergeburtstage werden abgesagt, Freunde werden vertröstet. Das ist alles gut und richtig. Aber es wäre schön, wenn auch die Alten ihr Verhalten jetzt radikal ändern würden.
Coronavirus in Hamburg: Ältere sollten die Lage ernst nehmen
Hier ein paar Eindrücke aus dem Verwandten- und Freundeskreis am Wochenende: Da sind die, die Mitte siebzig sind. Sie meinen, sie seien ja fit und schlimm sei es nur für über 80-Jährige – ihr Leben wollen sie deshalb nicht einschränken, Freunde treffen, einkaufen, Gottesdienst besuchen – alles soll erst mal weiterlaufen. Erst nach mehreren eindringlichen Telefonaten mit ihren Kindern begreifen sie den Ernst der Lage.
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Da ist der Mann Anfang siebzig, der am Sonnabend ohne akute Not erst mal im größten Discounter-Gedränge einkauft, dann noch shoppen geht und sowieso meint, das Ganze sei doch alles eher Hysterie. Sollte er sich anstecken, müsse er im Zweifel halt ein paar Tage ins Krankenhaus und gut. Äh, sorry, aber schon mitbekommen, dass in anderen Ländern Ärzte schon Beatmungsmaschinen an 60-Jährige geben und die 70-Jährigen sterben lassen müssen?
Ältere Menschen sind jetzt besonders in Gefahr
Und dann natürlich die Mitt-60erin, die wirre Verschwörungsvideos auf Facebook teilt – oder ihre Altersgenossin, die Fake-News-Kettenbriefe auf WhatsApp und damit Panik verbreitet, anstatt Herrn Drosten und anderen echten Experten zu vertrauen.
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Freunde fragen verzweifelt, ob man noch Argumentationshilfen kennt, mit denen sie ihre Eltern überzeugen können, endlich auf ihre sozialen Kontakte zu verzichten. Andere berichten erleichtert: „Endlich haben sie es begriffen!“
85-Jähriger will ins Epizentrum – manche Fälle sind schlicht hoffnungslos
Manche Fälle sind schlicht hoffnungslos – etwa der 85-Jährige (!), der diese Woche aus Hamburg nach NRW fahren will, ins deutsche Corona-Epizentrum also, um eine Familienfeier zu besuchen. Einen anderen 85-Jährigen traf ich am Sonntag beim Kaffee holen in einem Café – er feierte dort Geburtstag mit Freunden und Familie. Da er u.a. bereits einen Herzinfarkt hatte, könnte dieser Nachmittag sein Todesurteil sein.
Ich muss gestehen: Kurz war ich fassungslos. Unsere Kinder können nicht mehr zur Schule, die Kitas sind dicht, die Großeltern dürfen bei der Betreuung nicht helfen, und arbeiten sollen wir natürlich auch, um den Laden am Laufen zu halten – es wäre deshalb ganz nett, wenn die, die am ärgsten betroffen sind, das ganze Thema endlich mal ernst nähmen.
Denn nur so haben wir die Chance, eine generelle Ausgangssperre wie in Italien und Spanien zu verhindern. Also, liebe Ältere: Bleibt doch bitte einfach mal zu Hause. Wir kaufen auch gerne für euch ein.