Debatte um Biermann-Ratjen-Medaille: Benennt den Preis nach Wolfgang Borchert um!
Ein halbes Jahrhundert lang hat die Stadt bedeutenden Künstlern die Senator-Biermann-Ratjen-Medaille verliehen – darunter der Auschwitz-Überlebenden Esther Bejarano. Hätte sie zu Lebzeiten erfahren, was jetzt herausgekommen ist, nämlich dass der Namensgeber dieser wichtigen Auszeichnung NSDAP-Mitglied war, hätte sie die Medaille zurückgegeben. Ohne jeden Zweifel.
Noch hat der Kultursenator keine Entscheidung getroffen. Bisher ist die Verleihung der Medaille lediglich „ausgesetzt“. Dabei ist doch völlig klar: Niemals wieder darf diese Auszeichnung verliehen werden.
Eine Persönlichkeit, die herausragend und über jeden Zweifel erhaben ist?
Hans-Harder Biermann-Ratjen (1901-1969) war nach dem Krieg Kultursenator und ein verdienter Mann. Einen Grund, sein Lebenswerk in den Schmutz zu ziehen, gibt es nicht. Dass er 1937 der Nazi-Partei beitrat, macht ihn noch nicht zum schlechten Menschen. Viele sind damals aus opportunistischen Gründen „Parteigenossen“ geworden – weil sie einfach Nachteilen aus dem Weg gehen und Karriere machen wollten. Sich so zu verhalten, ist absolut menschlich. Ich weiß nicht, was ich getan hätte.
Aber sollten Medaillen, Preise, Straßen und Plätze nicht nach Persönlichkeiten benannt sein, deren Handeln, Mut und Leistungen herausragend waren? Nach Persönlichkeiten, die über jeden Zweifel erhaben sind? Legen wir diesen Maßstab an, scheidet ein ehemaliges NSDAP-Mitglied aus, ganz egal, welche Umstände zur Parteimitgliedschaft führten.
Deshalb steht fest: Ein neuer Kulturpreis muss her! Wem könnte er gewidmet sein? Nach Barbara Kisseler, Kultursenatorin bis 2016, ist bereits ein anderer Preis benannt. Ein guter Kandidat wäre aber auch der Hamburger Schriftsteller, der ein bedeutendes Stück Nachkriegsliteratur schuf: „Draußen vor der Tür“. Mein Vorschlag: Wolfgang Borchert.