Die Politik-Kleber: Wenn Verlierer einfach weitermachen
Es ist immer wieder bemerkenswert, wie unterschiedlich Wahlergebnisse interpretiert werden können. Als Armin Laschet 2021 gegen Olaf Scholz verlor und trotzdem erwog, eine Jamaika-Koalition zu schmieden, wütete die SPD-Spitze: Es sei „ein beschämendes Armutszeugnis“, dass Laschet „verbissen um jeden Millimeter Macht feilscht“ – er solle endlich anerkennen, wen die Wähler als Nachfolger von Merkel wollten und wen nicht. Ganz anders jetzt bei Genossin Franziska Giffey: Die sieht ihre Wahl-Klatsche in Berlin überraschend als Auftrag, eine „führende Rolle“ in einer künftigen Koalition zu spielen.
Dabei ist die Lage klar: Giffey hat verloren. Krachend und eindeutig. Ihre SPD hat nicht einen Wahlkreis direkt gewonnen, ein historisch schlechtes Ergebnis eingefahren. Jeder Politiker mit einem akzeptablen Maß an Ehre sagt in so einem Fall: Glückwunsch an den Gewinner, ich bin erstmal weg.
Berlin-Wahl: Ein Rücktritt Giffeys wäre der richtige Schritt
Aber gut, Rücktritte sind in der SPD zuletzt wenig en vogue: Manuela Schwesig regiert in Schwerin trotz Russland-Connection und Stiftungs-Skandal unberührt weiter, Ex-Verteidigungsministerin Christine Lambrecht brauchte mehr als ein Jahr, um einzusehen, dass sie heillos überfordert ist – und Innenministerin Nancy Faeser hat bereits vorgesorgt, bei einer Niederlage in Hessen im Bundeskabinett bleiben zu können.
Dass die Spitzen von Rot-Grün-Rot jetzt aber meinen, ihre Koalition einfach fortführen zu können, während die Wahlsieger von der CDU in die Opposition sollen, macht die Sache ernsthaft bizarr. Rot-Grün-Rot sei „die richtige Koalition für Berlin“, tönt Bettina Jarasch (Grüne). Und Klaus Lederer (Linke) betont tatsächlich, dass diese Koalition eben beliebter sei. Zur Erinnerung: Die drei Spitzenkandidaten von Rot-Grün-Rot konnten nicht mal ihre persönlichen Wahlkreise gewinnen, nicht mal die eigenen Nachbarn überzeugen. Und die wollen Deutschlands Hauptstadt einfach weiter regieren?
Koalition der Verlierer
Am Ende entscheidet zwar die Parlamentsmehrheit, wer regiert. Und wenn weder Grüne noch Sozialdemokraten mit der CDU wollen, dann ist das so. Aber eine Koalition aus Verlierern, die sich im Rathaus festklebt wie Klimaaktivisten, tut der Demokratie nicht gut.