Die Spritpreis-Misere haben sich die Autofahrer selbst eingebrockt
Seit Jahren ist klar, dass Autofahren teurer werden muss. Zumindest, wenn die Wagen mit Diesel oder Benzin betrieben werden. Der Klimawandel, Sie wissen schon. Doch kaum steigt der Spritpreis wie aktuell, ist die Aufregung groß. Markus Söder (CSU) fordert daher, die Kraftstoffsteuern zu senken, um „den Bürgern steuerlich in dieser schweren Zeit entgegenkommen“. Was für ein Quatsch. Diese Misere haben sich die meisten Autofahrer schlicht selbst eingebrockt.
Hamburg versinkt noch auf Jahrzehnte im Dauerstau. Es gibt viel zu wenige Parkplätze. Die Zahl der angemeldeten Autos nimmt stärker zu als die Bevölkerung. Der Anteil der SUV an Neuwagen: so hoch wie nie. Das sind Nachrichten der vergangenen Tage und Wochen. Jeder vernünftige Mensch weiß: Wir brauchen weniger Autos und sparsamere Autos. Nur Markus Söder, der macht lieber Wahlkampf im Autofahrerland Bayern.
Klar, wer günstig auf dem Land wohnt und weite Wege pendelt, den treffen die aktuellen Spritpreise härter als den Großstadtbewohner. Aber auch in Hamburg ist das Jammern bei vielen groß. Ich kann da nur sagen: Die da jetzt jammern, sind doch meist selbst schuld.
Zu viele Menschen nutzen für kurze Wege das Auto
Nun soll man von seinem Bekanntenkreis nicht unbedingt auf die Allgemeinheit schließen. Aber die meisten Leute, die ich kenne und die täglich Auto fahren, sind schlicht zu faul oder zu bequem. Da ist der Erzieher, der lieber zehn Minuten im Auto sitzt als 20 Minuten auf dem Fahrrad. Die leitende Angestellte, die täglich im SUV in die Innenstadt fährt statt mit der S-Bahn. Die junge Kollegin, die von einem perfekt mit dem HVV angebundenen Innenstadtviertel rechts der Alster zur MOPO nach Ottensen mit dem Auto fährt. Der Vater, der lieber mit dem Wagen die Kinder in die Kita bringt als mit dem Rad. Ich könnte locker ein Dutzend Fälle aufzählen. Und warum ist vorm Fitness-Studio eigentlich immer der Parkplatz voll und innen strampeln die Leute auf Fahrrad-Ergometern?
Natürlich gibt es auch viele Menschen, die auf das Auto angewiesen sind. Komischerweise aber fahren diese heute meist Autos mit Motorleistungen, wie sie es vor 30 Jahren in Sportwagen gab. Die durchschnittliche PS-Zahl von Neuwagen ist in Deutschland von 92 PS (1990) auf 166 (2020) geradezu explodiert. SUV machen mittlerweile den größten Anteil an Neuwagen aus, der Anteil der Kleinwagen sinkt dagegen. Die Leute kaufen also bewusst Autos, die größer und schwerer sind als nötig, mit Motoren, die mehr Sprit verbrauchen als nötig. Und dann wird sich über Benzinpreise beschwert?
Benzin war in Deutschland viel zu lange zu billig
Sorry, aber da kann ich nur wiederholen: selbst schuld. Offenbar waren Diesel und Benzin viel zu lange viel zu billig. Jedem halbwegs aufmerksamen Mitbürger sollte seit Jahren klar gewesen sein, dass fossile Brennstoffe deutlich teurer werden.
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Und wo waren eigentlich die Söders dieser Welt, als der Diesel vor 1,5 Jahren gerade mal einen Euro gekostet hat? Kann mich nicht dran erinnern, dass irgendwer zum Ausgleich Steuererhöhungen gefordert hätte. Stattdessen erlebte die Autoindustrie ein Boom-Jahr und kommt kaum hinterher, all die georderten Fahrzeuge auszuliefern.
Anstatt jetzt blind Autofahrer zu entlasten und so die dringend nötige Verkehrs- und Energiewende zu obstruieren, wäre es sinnvoller, möglichst schnell großflächige CO2-Steuern einzuführen und diese als Energiegeld an jeden Bürger zurückzuzahlen, wie es die Ampel-Parteien derzeit verhandeln. Das belastet dann alle, die besonders energieintensiv leben – in großen Häusern, mit dicken Karren, vielen Fernreisen und ‘nem neuen Sofa alle drei Jahre. Und es belohnt alle, die besonders umweltfreundlich leben – also alle mit wenig Geld und die, die wenig Auto fahren, in einer kleinen Wohnung leben, nicht ständig in den Urlaub fliegen und auch sonst weniger konsumieren. Es belohnt HVV-Nutzer, Radfahrer, Familien und Hausbesitzer, die ins Energiesparen investiert haben.