x
x
x
Olaf Scholz
  • Olaf Scholz und seine Trümmertruppe sollten sich ein Beispiel an der Hansestadt nehmen, sagt MOPO-Redakteur Mathis Neuburger.
  • Foto: picture alliance / dts-Agentur

Guck mal, Olaf: Hamburg zeigt, wie „gutes Regieren“ geht

Haben Sie’s gemerkt? Der Hamburger Senat hat still und leise einen Doppelhaushalt aufgestellt, ganz ohne öffentlichen Streit. Etwas, woran die Ampel in Berlin komplett scheitert. Teilnehmer loben die Gegenseite über den Klee und sprechen von einem Wunder. Es zeigt: Gutes Regieren ist möglich – wenn man denn will. Olaf Scholz und seine Trümmertruppe sollten sich ein Beispiel an der Hansestadt nehmen.

Was waren das für glückselige Tage, als Olaf Scholz (SPD) sich in Hamburg für „gutes Regieren“ preisen ließ. Ob Wohnungsbau, Energiewende oder Sicherheit: Im denkwürdigen Bundestagswahlkampf, den er als sicherer Verlierer begann und als strahlender Sieger beendete, lud er die Hauptstadtpresse mehrfach in die Hansestadt, um Beispiele seines wohltuenden Wirkens zu präsentieren.

Der Kanzler hat die Kontrolle verloren

Schon damals hatte das Bild des Regierungsgroßmeisters erste Risse, aber klar war doch: Er mag ja dröge sein, aber gestalten und verwalten, das kann er, der Scholz.

Davon ist nichts mehr übrig. Die Ampel steht vor der Implosion, der Kanzler hat die Kontrolle verloren. Die Haushaltsberatungen haben noch nicht mal angefangen, da überziehen sich SPD, FDP und Grüne derart mit Drohungen, Erpressungsversuchen und frechen Ansagen, dass ein Mirakel nötig ist, um am Ende zu einer gesichtswahrenden Einigung zu kommen. Jeder gegen jeden, ist die Devise – und das Wahlvolk wendet sich angewidert ab.

Tschentscher und Fegebank haben ein kleines politisches Wunder vollbracht

Wie es anders geht, zeigt ausgerechnet Scholz‘ alte Heimat, die rot-grüne Koalition in Hamburg, die er einst gegründet hat. Nach neun Jahren auf der Regierungsbank fragt man sich zwar, ob Rot-Grün noch genug Kraft und Elan hat, die Stadt fit für die Zukunft zu machen. Aktuell aber hat die Mannschaft um Peter Tschentscher (SPD) und Katharina Fegebank (Grüne) ein kleines politisches Wunder vollbracht: einen Doppelhaushalt aufzustellen ohne einen einzigen öffentlichen Dissens, geschweige denn echten Streit. Nicht ein Detail drang nach außen, niemand hat versucht, sich auf Kosten des anderen zu profilieren.

Harmonisch an der Spitze des Senats: Peter Tschentscher (SPD) und Katharina Fegebank (Grüne) picture alliance/dpa/Christian Charisius
Peter Tschentscher und Katharina Fegebank
Harmonisch an der Spitze des Senats: Peter Tschentscher (SPD) und Katharina Fegebank (Grüne)

„Das war unglaublich, ich bin immer noch baff“, sagt einer, der die wochenlangen Vorbereitungen und finalen zweitägigen Verhandlungen in Hamburg begleitet hat. So viel Anstand, so viel Pragmatismus – was ist da los im Rathaus?

Der Vergleich zur Ampel in Berlin ist eklatant

Spontane Liebe ist nicht ausgebrochen zwischen Grünen und Sozialdemokraten. Im Gegenteil: In nicht mal neun Monaten ist Bürgerschaftswahl, beide kämpfen um die Führung in der Stadt und haben mit der wiederauferstandenen CDU unerwartet Konkurrenz auf dem Spielfeld. Und doch: Spricht man mit Beteiligten, loben Genossen und Grüne gegenseitig geradezu überschwänglich. „Natürlich streiten wir viel hinter verschlossenen Türen, natürlich ärgern wir uns übereinander. Aber am Ende gehen wir mit einem Ergebnis raus und vertreten das gemeinsam“, beschreibt ein Senatsmitglied den Schlüssel zur rot-grünen Regierungsharmonie.

Das könnte Sie auch interessieren: „Mist, was ist das denn?“ Sind die Grünen nicht mehr cool, Frau Fegebank?

Zwar sind Tschentscher & Co. in einer vergleichbar angenehmen Lage: Hamburg ist immer noch reich, es war kein Kürzungsprogramm nötig wie etwa in Berlin oder Schleswig-Holstein, die wichtigen Projekte und Investitionen laufen weiter. Und doch ist der Vergleich zur Ampel in Berlin eklatant: „Bei uns gab es keine Vorabansagen, keine roten Linien, kein Zynismus und keine Besserwisserei“, so ein Senatsmitglied. Und noch etwas zeichne die Hamburger Koalition aus: Die Partner hätten so viel Vertrauen ineinander, das nicht alle strittigen Themen gelöst werden müssten – man vertraue darauf, dies später zu tun. Vertraulich und gemeinsam.

Email
Share on facebook
Share on twitter
Share on whatsapp