Kita-Schließung in Hamburg: Mindestens eine Entschuldigung ist jetzt fällig
KOMMENTAR –
Ganz Hamburg diskutiert die Ausgangssperre. Für die Eltern kleiner Kinder ist eine andere Entscheidung des Senats viel dramatischer: Die erneute Schließung des Kita-Regelbetriebs, die der Senat mal eben so nebenbei verkündete. Die Erklärung von SPD und Grünen dazu ist eine Bankrotterklärung. Vom Senat wäre mindestens eine Entschuldigung fällig.
Zur Erinnerung: Hamburg Kitas waren gerade mal zwei Wochen im Regelbetrieb. Anders übrigens als in den meisten Bundesländern: Dort ging der Betrieb schon Mitte Februar wieder los. In Hamburg ist es schon nach zwei Wochen wieder vorbei damit.
Hamburg: Kitas nach zwei Wochen wieder im Notbetrieb
Für Laien: Das bedeutet, dass nur noch Eltern, die zwingend darauf angewiesen sind, ihre Kinder betreuen lassen dürfen. Dass man arbeiten muss, gilt gemeinhin nicht als Grund, wenn man nicht gerade Polizistin oder Pfleger ist. Für „dringende Notfälle“ gibt es Ausnahmen.
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Die Entscheidung sei „nicht leichtgefallen“, schreiben die Fraktionen von SPD und Grünen in einer wachsweichen Erklärung dazu. Ideen, wie Eltern die „kaum zu vereinbarende Doppelbelastung“ hinbekommen sollen, haben sie nicht. Haben die Familien ja vorher auch irgendwie hingekriegt. Und die Kinder, von denen viele massiv unter der Isolation von Gleichaltrigen leiden? Pech gehabt.
Corona-Ausbrüche: 16 Kitas in Hamburg geschlossen
„Unsere Kitas sind grundsätzlich wieder geschlossen. Sie, liebe Eltern, sind dringend aufgerufen, alternative Betreuungsmöglichkeiten für Ihr Kind zu organisieren“, heißt es Donnerstagmorgen in einem Schreiben der städtischen Elbkinder-Kitas. Man würde nur gerne wissen: Wie denn?
Eine klare wissenschaftliche Begründung für die Kita-Schließung gibt es natürlich nicht. Nur Vermutungen, dass sich die Mutante auch stark über Kinder verbreitet. Tatsächlich steigen die Infektionszahlen von Kindern. Von den 1100 Kitas sind aktuell 16 wegen Ausbrüchen geschlossen – ein eher überschaubarer Wert.
Kita-Schließung in Hamburg: Darum ist eine Entschuldigung fällig
Nun kann man natürlich trotzdem argumentieren, dass die Wiedereinführung des Kita-Notbetriebs für zur Pandemie-Bekämpfung extrem wichtig sei. Dann wäre aber mindestens eine Entschuldigung von Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD), Zweiter Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) und Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD) fällig.
Dafür, dass man Tattoo-, Sonnen- und Nagelstudios, Bücher- und Blumenläden oder Gartencenter, anders als in fast allen anderen Bundesländern, vor den Kitas geöffnet hat. Dafür, dass man eine strikte Maskenpflicht in Büros bis gestern für unzumutbar, die Belastung für Kinder und Eltern aber für zumutbar gehalten hat. Und dafür, dass man die ganze Stadt ungetestet zum Friseur geschickt, Kindern aber dringend notwendige Kontakte untersagt hat.
Nach Öffnung der Friseure stiegen die Corona-Zahlen stark an
10 bis 14 Tage soll es dauern, bis sich Öffnungsschritte in den Inzidenz-Kurven zeigen. Nun, genau zehn Tage nach der Öffnung der Frisöre Anfang März begann der rasante Anstieg der Fallzahlen in Hamburg, parallel übrigens zur großen Schnelltest-Offensive. Und er setzte sich fort, trotz Schulschließungen und Kita-Notbetrieb.
Pandemie-Bekämpfung ist auch eine Frage politischer Prioritätensetzung. Kinder und Familien stehen, man muss es nach 13 Monaten Pandemie leider konstatieren, nicht besonders weit oben. Fehlt noch, dass demnächst wieder Spielplätze mit Flatterband abgesperrt werden. Denn dort wird es jetzt natürlich sehr voll werden.