Eine Frau bei der Abgabe des Stimmzettels (Symbolbild)
  • Eine Frau bei der Abgabe des Stimmzettels (Symbolbild)
  • Foto: IMAGO/Eibner

EU-Wahl: An diesem Sonntag habe ich das Vertrauen in meine Generation verloren

Mir ist die Kinnlade heruntergefallen, als ZDF-Moderator Christian Sievers um kurz nach 18 Uhr folgendes Ergebnis präsentierte: 17 Prozent der 16- bis 24-Jährigen haben laut Prognose der „Forschungsgruppe Wahlen“ bei dieser Europawahl die AfD gewählt. An diesem Sonntag habe ich das Vertrauen in meine Generation verloren.

Spätestens seitdem „Fridays for Future“ Zigtausende junge Menschen auf die Straße gebracht hat, hatte ich dieses Vertrauen. Die Generation Z – der ist das nicht egal, was da in Brüssel und Berlin entschieden wird. Die denken nach vorne. An ihre Kinder und Enkelkinder. Die stehen für die richtigen Werte ein.

Junge Erwachsene musste man auf den Anti-Rechts-Demos lange suchen

Dieses Vertrauen wurde schon Anfang des Jahres angekratzt. Denn bei der riesigen Anti-Rechts-Demo auf dem Jungfernstieg habe ich erschreckend wenig Gleichaltrige gesehen. Da waren Rentnerinnen, Familien mit ihren kleinen Kindern. Aber 18-Jährige, die ein Pappschild mit „Liberté, Egalité, Fck AfD“ in die Luft halten, musste man lange suchen.

Junge Erwachsene musste man auf den Anti-Rechts-Demos lange suchen. picture alliance / epd-bild | Stephan Wallocha
Junge Erwachsene musste man auf den Anti-Rechts-Demos lange suchen.
Junge Erwachsene musste man auf den Anti-Rechts-Demos lange suchen.

Dass mehr junge Wählerinnen und Wähler ihr Kreuz auf dem Wahlzetteln bei der AfD setzen als bei der letzten Europawahl, war so gut wie klar. Im Mai gaben in einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa 18 Prozent der 18- bis 29-jährigen Männer an, die AfD wählen zu wollen. Unter Frauen waren es acht Prozent.

Dann an diesem Sonntag das Ergebnis schwarz auf weiß zu sehen, tut trotzdem verdammt weh. Der Klima-Aufschwung der Jungen ist offensichtlich zu Ende gegangen. Die Grünen haben bei den unter 30-Jährigen 18 (!) Prozentpunkte im Vergleich zu 2019 verloren. Bei den 16- bis 24-Jährigen ist die AfD mit 17 Prozent gemeinsam mit der CDU sogar auf Platz 1. An diesem Sonntagabend will ich der Generation Z entgegenschreien: Leute, checkt ihr das nicht? Es geht hier um unsere Zukunft!

Es zeigt sich: Die Anti-Rechts-Demos haben nichts gebracht. Es war vielmehr ein verzweifeltes „Wir sind die Guten und wir halten zusammen“-Zeichen. Aber einen AfD-Protestwähler hat das alles herzlich wenig beeindruckt.

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Dass die AfD bei den Jungen einen solchen Erfolg hatte, dürfte sicherlich an der TikTok-Strategie der Partei liegen. Einfache Sprache, schnelle Bilder, vermeintlich simple Lösungen – das zieht im dauerflimmernden Kurzvideo-Kosmos. Dass die Skandale und Pannen während des katastrophalen Wahlkampfes der AfD da offensichtlich keine Rolle spielten, ist einfach nur schockierend.

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