• Mann wird ja wohl noch mit seinem Sportwagen in die Innenstadt fahren dürfen!
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„Mehr Autos in die Städte“: Die FDP mutiert zur Satire-Partei

583 Autos pro 1000 Einwohner gibt es in Deutschland. Und wenn es nach der FDP geht, ist das nicht genug. Die Partei hat ein „Pro-Auto-Programm“ ausgeheckt, garantiert frei von grünen Lastenrad-Muttis, Zweirad-Pendlern, Fußgängern und anderen aufmüpfigen Randgruppen, die sich der Freiheit in Form der omnipräsenten Blechlawine in den Weg stellen. Meine Güte, muss diese angeblich liberale Partei verzweifelt sein, wenn sie sich solch einen Murks ausdenkt.

Nun muss man Christian Lindners hemdsärmeliger Truppe zugutehalten, dass sie wirklich ums Überleben kämpft. Da kommt man schon mal auf komische Ideen. Und die potenzielle Zielgruppe ist groß: Selbst im rot-grün-versifften Hamburg gibt es ja 813.000 Pkw, die irgendwem gehören. All diese anständigen Autofahrer, da ist sich die FDP sicher, werden von einer dunklen Macht gegängelt und bedrängt: den Grünen.

Der „Auto-Plan“ der FDP: keine Fußgängerzonen, keine Fahrradstraßen

„Wir brauchen keine Anti-Auto-Politik“, trötet daher Generalsekretär Bijan Djir-Sarai munter drauflos. Man stelle sich „aktiv gegen eine grüne Politik der Bevormundung“. Und deshalb solle jetzt Schluss sein mit Parkgebühren in Innenstädten, auch sollten keine weiteren Fußgängerzonen oder gar Fahrradstraßen eingerichtet werden – und wenn, dann nur noch mit Beteiligung der Bürger.

Klingt wie AfD oder Satire, ist aber ernst gemeint. Zwei Dinge sind daran erstaunlich: Erstens, dass die FDP meint, dass Bürger immer für das Auto seien. Zweitens, dass die FDP immer Technologieoffenheit fordert, aber ausgerechnet beim Verkehr nur für das Auto kämpft, nicht für Züge, Busse, Räder. Dabei ist zum Beispiel das Fahrrad doch der Inbegriff von Freiheit: individuell, unabhängig, fast umsonst und absolut herrschaftsfrei.

Die FDP hat das mit der Freiheit leider falsch verstanden

Könnte es also sein, dass die FDP da was mit der Freiheit falsch verstanden hat? Könnte es sogar sein, dass deshalb in allen liberalen deutschen Großstädten die Grünen weit vor der FDP liegen? Könnte die antifreiheitliche Verkehrspolitik der FDP womöglich gar ein Grund dafür sein?

In der FDP sträubt man sich, solch ketzerische Gedanken zuzulassen, und spricht lieber von einem „Kulturkampf“, der gegen das Auto geführt werde. Und es stimmt ja auch: Das Auto soll Platz abgeben, zumindest dort, wo der Platz knapp ist. Was aber auch kein Problem sein sollte, da das Auto bislang fast allen Platz im Straßenraum für sich beansprucht.

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Nun behaupten die selbsternannten Liberalen, dass mehr Autos die Innenstädte beleben, weil dann mehr Leute zum Einkaufen kommen. Das ist ungefähr so sinnvoll wie die Behauptung der Grünen, mit der Abschaltung von Atomkraftwerken helfe man dem Klimaschutz, weil diese die Stromnetze verstopften. Die Innenstädte veröden, weil die Menschen heute alles im Internet kaufen und die Zentren langweilige Orte geworden sind. Noch mehr asphaltierte und zugeparkte Plätze dürften kaum die Aufenthaltsqualität steigern, im Gegenteil.

Deshalb fordert ja auch jeder ernst zu nehmende Stadtplaner, mehr Platz für Fußgänger, Gastronomie, Kultur zu schaffen. Deshalb wirkt jede Altstadt mit Fußgängerzone attraktiver als ein Vorstadteinkaufszentrum mit Riesengarage. Solche Gedanken haben in der „Platz da, hier komm ich“-Partei aber offenbar keinen Platz mehr.

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