Neue Olympia-Bewerbung Hamburgs: Chance oder Wahnsinn?
Olympia in Hamburg? Bereits 2015 haben die Hamburger per Volksentscheid über diese Idee entschieden. Die damalige Antwort war ein knappes „Nein“. Fast zehn Jahre später wird über einen zweiten Anlauf für Olympia 2036 und 2040 nachgedacht. Die MOPO diskutiert Pro und Kontra dieses Vorschlags: Ist eine erneute Bewerbung eine Chance oder Wahnsinn?
Pro von Mathis Neuburger: Schluss mit den Diktator-Spielen
Olympia in Hamburg? Bloß nicht, dürften die meisten sofort denken. Das könnte voreilig sein – denn seit 2015 hat sich einiges geändert. Vor allem beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC): Dort ist man mit dem Motto „Immer größer, teurer, bombastischer“ gescheitert. Zuletzt wollten nur noch Diktaturen und Autokratien die Spiele ausrichten, Hamburg und andere winkten ab. Denn finanziell endete Olympia meist im Desaster.
Mit Paris bricht jetzt eine neue Zeit an: die ersten Spiele, für die kaum neue Infrastruktur gebaut wird (die danach verfällt). Weniger Kosten, mehr Nachhaltigkeit – das fordert jetzt sogar das IOC von Bewerbern. Hamburg und Berlin, ergänzt durch Kiel oder Rostock, haben quasi alles, was man braucht, um die Spiele auszurichten – bis auf Quartiere für die Sportler. Wie praktisch, dass man sich die vom Bund bezahlen lassen und danach als (Sozial-)Wohnungen für die Bevölkerung nutzen könnte.
Es geht aber nicht nur um den schnöden Mammon, sondern um Sport, um Spaß, um ein Zeichen der Zuversicht an die Welt. Die tolle Stimmung bei der EM, die Besucher, die kleinen und großen Dramen – das hat dem depressiven Land gutgetan. Und für Olympia könnten wir uns einiges vornehmen: etwa der Welt zeigen, dass wir eine perfekte Bahninfrastruktur bauen können. Dass sich Hamburg neu erfinden kann und immer noch eine Weltstadt mit großartigen Menschen ist, die schlaue Leute von überall her anzieht.
Gucken wir uns doch mal an, wie Paris das jetzt macht, bevor wir direkt die Tür zuschlagen.
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Kontra von Frank Wieding: Hört endlich auf zu träumen!
Boah, bitte nicht schon wieder. Es ist keine zehn Jahre her, da sagte die Mehrheit der Hamburgerinnen und Hamburger Nein zu den Olympischen Spielen – ich gehörte dazu. Nun träumt der Senat also wieder von Wettkämpfen an der Elbe, allen voran der Bürgermeister. Und die Befürworter tun so, als ob sich irgendetwas grundlegend und nachhaltig seit 2015, als die Bürger den Spielen, besser dem IOC, die Rote Karte zeigten, geändert hätte. Hat es nicht, auch wenn das IOC seine Forderung nach immer gigantischeren Sportstätten etwas zurückgeschraubt hat.
Die Gier und das grundsätzliche Prinzip sind aber immer noch dasselbe: Die Kosten der olympischen Spiele, die bisher noch immer aus dem Ruder gelaufen sind, trägt zu wesentlichen Teilen die öffentliche Hand. Die Gewinne aber sackt das ziemlich unsympathische IOC ein. Menschenrechte, Umweltstandards, demokratische Werte – alles Floskeln bei dem Schweizer Verein. Gerade erst prangerte eine Menschenrechtsorganisation an, dass das IOC in Paris Sportler an den Start lässt, die den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine unterstützen. Selbst bei den schwachen IOC-Regeln ein klarer Verstoß. Konsequenzen: keine.
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Hamburg strahlt auch ohne gigantische Spiele. Bürgermeister Peter Tschentscher und Co. sollten deswegen das Träumen schnell wieder beenden. Und sich auf die Probleme konzentrieren, die auch ohne Sport-Gigantismus schon groß genug sind – so beispielsweise die Tausenden fehlenden bezahlbaren Wohnungen oder der klimafreundliche Umbau der Stadt.