Kühnes Oper: Geschenk als Chance oder fauler Steuer-„Ausgleich“? Pro und Kontra
Schon seit langem hatte Milliardär Klaus-Michael Kühne angekündigt, 330 Millionen Euro für den Bau einer neuen Oper in Hamburg zur Verfügung stellen zu wollen – seitdem liefen die Verhandlungen mit der Stadt. Nun ist es so weit: Die Pläne für den Opern-Neubau in der HafenCity wurden am Freitagmittag in einer Sonderpressekonferenz im Rathaus präsentiert. Großartig oder überflüssig? Die MOPO-Chefs Maik Koltermann und Mathis Neuburger sind da unterschiedlicher Meinung.
Immerhin eine echte Chance
Pro von Maik Koltermann
Neulich saß ich in der altehrwürdigen Laeiszhalle, in der die misanthropische US-Indie-Rockband Interpol gerade mit sehr lauten Wänden aus Gitarren den Stuck an denen aus Stein einem Haltbarkeitstest unterzogen. Schön hier, dachte ich bei mir. Und: Wenn der Reeder Carl Laeisz vor gut 100 Jahren nicht die Kohle für dieses Konzerthaus hätte springen lassen, wäre dieser sehr außergewöhnliche Abend so nicht möglich. Denn wer baut schon so was mit Steuermitteln? Niemand! (Außer Ole von Beust natürlich, aber der hat halt einfach einen absurd niedrigen Baupreis kommuniziert und den Rest seinen Nachfolger ausbaden lassen.)
Mein erster Gedanke, wenn der 38-fache Milliardär, Wahl-Schweizer und Steuerflüchtling Klaus-Michael Kühne (87) der Stadt mehr als 300 Millionen Euro geben will, um eine Oper zu bauen? „Meine Güte, was man mit dem Geld alles machen könnte – warum zur Hölle ausgerechnet eine Oper?“ Aber andererseits eben auch: immerhin eine Chance.
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Eine Chance nämlich, aus diesem geradezu obszön großen Vermögen, das auch noch düstere Wurzeln in der Nazi-Zeit hat, etwas für die Allgemeinheit zurückzugewinnen. Denn: Eine Oper ist zwar erst mal eine Oper. Aber wie man sie bespielt, wie man sie mit Leben füllt, wie man dort an was erinnert, wen man zur niedrigschwelligen Teilhabe einlädt – all das wird nicht Herr Kühne bestimmen können, da sind biologische Gründe davor. Da ist die Stadt gefordert. Und das sollten die Verantwortlichen sehr ernst nehmen.
Eine Stadt hat auch ihren Stolz
Kontra von Mathis Neuburger
Brauchen Sie eine Staatsoper für Ihr Glück? Wahrscheinlich nicht. Braucht Hamburg eine Staatsoper? Wahrscheinlich auch nicht. An Kultur mangelt es nicht, und im Wettbewerb der Metropolen sind spannende Club-, Gastro- und Musikszenen heute deutlich wichtiger als bürgerliche Hochkultur. Aber die Elbphilharmonie, heißt es oft. Ja, die hat die Stadt bekannt gemacht. Aber nicht so sehr wegen der Musik im Inneren, sondern wegen der spektakulären Architektur.
Natürlich kann man argumentieren, dass man doch froh sein sollte, wenn ein Milliardär für Hunderte Millionen Euro ein Opernhaus an die Elbe stellen will. Nun, das Problem mit Opern ist, dass, anders als bei einem Konzerthaus wie der Elphi, vor allem der Betrieb kostet. 68 Millionen Euro Zuschuss zahlte die Stadt 2024, jeder Besuch wird mit 200 Euro subventioniert. Und damit eine neue Oper die Strahlkraft hätte, die sich alle erhoffen, dürften die Kosten eher steigen.
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Viel Geld – das Hamburg problemlos hätte, wenn Herr Kühne in seiner so geschätzten Heimatstadt Steuern zahlen würde. Dann könnten wir locker eine neue Oper bauen – und die darbenden Clubs der Stadt nebenbei mit Blattgold tapezieren. Doch die Steuern spart sich Herr Kühne, um sich in Premiumlage auf städtischem Grund ein Denkmal zu setzen.
Vielleicht wäre es dumm, Kühnes „Geschenk“ eine Absage zu erteilen, gerade mit Blick auf die Frage, was nach seinem irdischen Dasein mit seinem gigantischem Vermögen passiert. Aber eine stolze Stadt sollte sich auch nicht bestechen lassen.
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