Streit um Kabarettistin Lisa Eckhart: Drohungen sind Gift für die Debattenkultur
Kommentar –
Maik Koltermann, Chefredakteur der MOPO, kommentiert die Ausladung der Kabarettistin Lisa Eckhart durch das „Harbour Front Literaturfestival“ in Hamburg. Der 27-Jährigen Kabarettistin werden Rassismus und Antisemitismus vorgeworfen.
Eins vorweg: Wenn Lisa Eckhart auf der Bühne antisemitistische Klischees wie die angebliche Geldgeilheit von Juden launig mit den Vorwürfen sexuellen Missbrauchs gegen prominente Menschen jüdischen Glaubens vermengt, finde ich das nicht witzig. Ich kann auch nicht erkennen, dass es auf irgendeine Art originell oder doppelbödig ist. Es ist in seiner Kontextlosigkeit auch kein Entlarven des angeblich unsere Gesellschaft erdrückenden „politisch korrekten“ Gedanken-Gefängnisses, das auch der Kabarettist Dieter Nuhr regelmäßig anprangert. Es ist ein plumper Tabubruch, der genug Raum bietet, damit er taugt als Echo-Kammer für die, die dann rufen: „Das wird man ja wohl noch sagen dürfen!“ Vielleicht. Aber wie lange soll man darüber nachdenken, bis man darauf kommt, auf welche Art das nicht antisemitisch sein könnte?
Androhung von Gewalt killt Diskussionen
Das also ist der viel diskutierte Hintergrund, vor dem die Macher des Literaturfestivals „Harbour Front“ entschieden haben, Lisa Eckhart in ihr Programm aufzunehmen. Und auch die Verantwortlichen im Veranstaltungsort „Nochtspeicher“ haben entschieden, die Kabarettistin bei sich auftreten zu lassen. Man kann das nun für richtig oder falsch halten. In jedem Fall sind es Steilvorlagen für wichtige Diskussionen, die wir zurzeit führen müssen. Klar ist: Die Androhung von Gewalt killt diese Diskussionen. Und sie verstärkt die Grabenkämpfe, die unsere Gesellschaft spalten. Klar ist auch: Öffentlichkeit hätte dem Ringen um die richtige Reaktion darauf gutgetan. Inklusive der Suche nach Antworten auf die Frage: Wer hat da eigentlich mit was gedroht?