Eine Prostituierte steht in einem Bordell in der Herbertstraße am Fenster ihres Arbeitszimmers
  • Viele Frauen werden mit falschen Versprechungen geködert und dann zur Prostitution gezwungen. (Symbolbild)
  • Foto: picture alliance/dpa/Markus Scholz

Menschenhandel: Mit Hotel-Job gelockt – im Bordell gelandet

Menschenhandel ist ein grausames Verbrechen und immer wieder landen Frauen in den Fängen krimineller Clans. Der Handel mit der Ware „Frau“ gehört laut Ermittlern des Bundeskriminalamts (BKA) in Deutschland mittlerweile zu den bedeutenden Geschäftsfeldern der organisierten Kriminalität.

Sie werden mit falschen Versprechungen angelockt: Ein gut bezahlter Job in Deutschland – davon träumen viele Frauen aus Bulgarien, Russland, Rumänien oder Ländern in Afrika und Asien. Ihnen werden Anstellungen als Haushaltshilfe oder Jobs im Hotel- und Gastrogewerbe versprochen. Reisekosten und Geld für eine Unterkunft werden vom Vermittler häufig vermeintlich großzügig vorgestreckt. Viele Frauen aus verarmten Familien erliegen dem Traum von einer sicheren Zukunft – und gehen Menschenhändlern in die Falle. Laut BKA hat die Zahl der Fälle zuletzt deutlich zugenommen.

Mit Hotel-Job gelockt – im Bordell gelandet

Liliana (21) aus einem Vorort von Bukarest ist eine von ihnen. „Man zeigte mir Fotos von einem Hotel in Hannover, in dem ich als Putzfrau arbeiten sollte. Das Gehalt, dass genannt wurde, war nicht sonderlich hoch, aber dafür sollte ich eine kostenlose Unterkunft im Hotel sowie Verpflegung bekommen“, erzählt sie. Am Flughafen in Hannover angekommen wurde sie sogar von ihrem vermeintlichen Arbeitgeber in Empfang benommen – doch dann schnappte die Falle zu.

Statt in ein Hotel ging es in ein Bordell in einem Hinterhof in Laatzen, einer Stadt in der Region Hannover. Ihre ausweglose Situation wurde Liliana erst bewusst, als sich die Tür hinter ihr schloss. Für die Frau begann nach eigenen Aussagen ein fast zwei Jahre währender Leidensweg – gespickt mit Drohungen und Gewalt. Mehrfach im Jahr sei sie von Bordell zu Bordell in Niedersachsen, Hamburg und Nordrhein-Westfalen herumgereicht worden. „Es waren fünf oder sechs Puffs, in denen ich abwechselnd anschaffen musste“, erzählt sie. Alle sechs bis acht Wochen war Umzug angesagt. Ihr Zuhälter nannte es „Matratzenwechsel“.

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Für die junge Frau gab es zunächst kein Entkommen. Einer Razzia gegen Clan-Kriminalität verdankte sie dann Mitte 2020 ihre Befreiung.

Kriminelle Clans beherrschen Geschäft mit der Prostitution

Das Geschäft mit der Prostitution gerät zunehmend in die Hand krimineller Clans – und das stellt auch die ermittelnden Beamten vor Probleme. „Die sind untereinander derart abgeschottet, dass wir die Strukturen kaum knacken können“, sagt ein Ermittler. „Wenn es uns dann doch mal gelingt, geben sich die Bandenmitglieder gegenseitig wasserdichte Alibis. Den Rest erledigen dann teure Anwälte.“

Das Bundeskriminalamt verzeichnete im vergangenen Jahr 22,7 Prozent mehr Ermittlungsverfahren im Bereich Menschenhandel als noch 2019. Ähnlich sieht es bei der Zwangsprostitution aus. 2020 wurden 406 Opfer gezählt, das waren rund 30 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Die laut BKA hohe Dunkelziffer ist darin nicht erfasst. Mehr als 42 Prozent der Opfer waren laut BKA jünger als 21 Jahre.

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Neben der sexuellen Ausbeutung ermitteln die Beamten im sogenannten Deliktfeld Menschenhandels beispielsweise auch gegen Arbeitsausbeutung und Zwangsheiraten. Auch hier gab es laut BKA einen deutlichen Anstieg der Verfahren: Im Jahr 2019 wurden nur zwei Verfahren wegen Zwangsehen geführt, ein Jahr später waren es 13 Verfahren. Das jüngste Opfer war gerade einmal zwölf Jahre alt.

Auch in Hamburg verzeichnet man eine steigende Zahl von Zwangsprostituierten. Wie die Koordinierungsstelle gegen Frauenhandel e.V. (Koofra) in ihrem Jahresbericht angab, wurden im letzten Jahr 47 Personen unterstützt, die von der Zwangsprostitution betroffen waren. Neben Deutschen vor allem Frauen aus Rumänien gefolgt von Ukrainerinnen. Unter diesen Fallzahlen befanden sich drei minderjährige Frauen und ein trans-Person.

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