Millionenverlust, Digitalunterricht: Wie sich die VHS in der Pandemie neu erfunden hat
Seit über 100 Jahren ist die Volkshochschule Hamburg eine wichtige Bildungseinrichtung der Stadt. Rund 9000 Kurse und Veranstaltungen finden normalerweise statt. Doch in Corona-Zeiten ist alles anders – aber nicht immer nur schlecht.
Die Corona-Pandemie hat der Hamburger Volkshochschule (VHS) neben einem Millionenverlust auch eine Digitaloffensive beschert – gezwungenermaßen. Weil Präsenzkurse im Lockdown nicht stattfinden können, wurde das Online-Angebot massiv ausgebaut, wie der neue VHS-Direktor Uwe Grieger (55) der Deutschen Presse-Agentur sagte.
Wegen Corona: Digitaloffensive an Volkshochschule Hamburg
In diesem Jahr seien bereits 2145 Kurse online durchgeführt worden beziehungsweise bis April geplant. „2019 hatten wir im ganzen Jahr 500 Kurse und im vergangenen Jahr, also schon mit der Pandemie, 1600 – da sind wir in diesem Jahr schon jetzt im ersten Quartal.“ Die Kurse seien „extrem gut“ nachgefragt. „Wir haben eine hohe Auslastung.“ Die Zahl der Anmeldungen liege bei rund 15.000.
Der coronabedingte Verlust lasse sich damit dennoch nicht ausgleichen. Als Landesbetrieb der Schulbehörde stehe man aber vergleichsweise gut da. „Was wir an Hilfe brauchten, haben wir bekommen. Und mit den drei Millionen Euro Corona-Hilfe sind wir auch ziemlich genau hingekommen. Der Jahresabschluss liegt aber noch nicht vor“, sagte Grieger.
VHS Hamburg: Onlinebereich auch nach Corona weiterentwickeln
Den Onlinebereich will er auch nach Corona weiterentwickeln. Zwar werde es, wenn die Präsenzkurse wieder stattfinden können, nicht mehr so viele Onlinekurse geben wie jetzt, „aber es werden viel, viel mehr als vor Corona sein“. Zum einen werde das digitale Angebot durch die vielen Kurse bekannter. „Zum anderen erreichen wir damit Menschen, die vorher nicht daran gedacht haben, zur VHS zu gehen, weil sie immer mit Präsenzangeboten assoziiert wurde.“
Bewegungsangebote hätten vor Corona immer in Präsenz stattgefunden. „Jetzt bieten wir zum Beispiel Yoga und Pilates auch online an.“ Allerdings gebe es auch Grenzen: „Natürlich können die gestalterischen, handwerklichen, kreativen Kurse wie Töpfern oder Goldschmieden online nur sehr eingeschränkt abgehalten werden.“
Hamburg: Kurs über Verschwörungstheorien beliebt
Der Renner unter den Onlinekursen hat laut Grieger einen direkten Corona-Bezug und sich mit Verschwörungstheorien beschäftigt sowie der Frage: „Wie gehe ich damit um, wenn in meinem Umfeld jemand solchen Theorien anhängt und plötzlich wirres Zeug erzählt?“. Dieses Angebot sei sofort ausgebucht gewesen. „Der Kurs führte im Januar unsere Top Ten an – vor Pilates und „Hatha Yoga am Abend“.
Video: Das Corona-Update für Hamburg
Für die Zeit „danach“ sieht Grieger, der das Amt erst im Januar übernommen hat, die Bildungseinrichtung auch nach mehr als 100 Jahren gut aufgestellt. „Die Leistungsfähigkeit der VHS zeigt sich ja allein schon darin, dass sie es in so kurzer Zeit geschafft hat, so viele Onlinekurse anzubieten und den Bürgern damit in dieser schwierigen Zeiten einen guten Dienst zu leisten.“
Dass es bisher keine Corona-Übertragungen in der VHS gegeben habe, mache ihn stolz. „Natürlich gab es Fälle, aber die Betroffenen hatten sich nicht in der VHS infiziert“, sagte Grieger. „Es zeigt, dass unsere Hygienemaßnahmen greifen.“
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Wann es an den sechs über die Stadt verteilten VHS-Standorten wieder in Präsenz losgeht, könne auch er nicht sagen. „Wir können natürlich nur auf Sicht fahren. Wenn aber die Entwicklung positiv verläuft und die Inzidenz in dem von der Politik vorgegebenen Rahmen fällt, könnten wir erst nach Ostern wieder mit Präsenzkursen beginnen.“ Es brauche einen gewissen Vorlauf. „Solange setzen wir auf Onlinekurse.“ (dpa/maw)