• Im Doppelpack: Auch von Oliver Sauer entstand ein „ToiPaper“-Porträt. Die verpackten Klorollen hat er nach den Shootings übrigens verschenkt.
  • Foto: Manu Agah

Mit 600 Rollen Klopapier: Hamburger Schauspieler macht schräges Kunstprojekt

Harvestehude –

600 Rollen Klopapier hat sich Schauspieler Oliver Sauer („Katie Fforde“, „Für immer Sommer 90“) Ende 2020 in seine Hamburger Wohnung geholt – und mit seiner „ToiPaper“-Porträt-Idee gleich auch viele Künstler-Kollegen eingewickelt. Zusammen mit dem Fotografen Manu Agah entstanden so verrückte Fotos, die wir Ihnen in den kommenden Wochen präsentieren. Ein Gespräch über peinliche Momente an der Supermarktkasse und Humor in echten Schiet-Situationen.

MOPO: Wie zur Hölle kommt man auf die Idee, sich 600 Rollen Klopapier in die Wohnung zu holen?

Oliver Sauer: Auslöser war natürlich die Erinnerung an den unglaublichen und für mich unverständlichen Extrem-Klopapier-Konsum während des ersten Lockdowns. Damals haben die Menschen das Achtfache der normalen Menge gekauft. Das Achtfache! Ich habe mich also gefragt, was den Menschen daran so wichtig ist – und schrieb eine Geschichte über einen Mann, der zu Hause unglaubliche Mengen davon hortet. Und dann machte es Klick und ich wusste: Ich möchte das in Szene setzen!

Hamburger Schauspieler: Klopapier-Kunst im Wohnzimmer

So wurden Sie selbst zum Horter?

Das ging alles recht schnell. Ein Stockwerk unter mir lebt der Fotograf Manu Agah. Wir kennen uns schon viele Jahre, und innerhalb von ein paar Stunden war klar: Das machen wir, wir fotografieren verrückte Klopapier-Szenen. Und zwar bei mir im Wohnzimmer. Danach habe ich angefangen, rumzutelefonieren und Leute zu finden, die mitmachen wollen. Ich musste niemanden überzeugen, die Begeisterung war groß.

Eingewickelt fürs „ToiPaper“-Foto: Ole Schloßhauer

Schauspieler Ole Schloßhauer („SOKO Hamburg“) ließ sich von Sauer fürs Foto einwickeln.

Foto:

Manu Agah

Wer sind die Menschen, die für Sie Modell gestanden haben?

Das sind Bühnen-Performer, die momentan nicht arbeiten dürfen. Musiker, Schauspielkollegen, Regisseure. Die Schauspieler können zwar seit dem ersten Lockdown wieder drehen, aber die Bühnen sind gesperrt. Ich weiß von Theaterkollegen, dass sie ganz normal proben und Premieren ohne Publikum spielen – und dann wird die Produktion auf Eis gelegt. Eine absurde Situation.

„ToiPaper“-Projekt: Peinliche Situationen im Drogeriemarkt

Apropos absurd: Grob überschlagen haben sich 75 Packungen Toilettenpapier in Ihrer Wohnung gestapelt. Haben Sie Hausverbot im Drogeriemarkt um die Ecke?

Nein, das nicht. Aber es war schon ein seltsames Gefühl. Ich wusste zu der Zeit zwar, dass es keine Knappheit gibt – dann hätte ich das natürlich gar nicht gemacht – und dass ich kein schlechtes Gewissen haben muss, aber trotzdem musste ich mich sehr überwinden. Ich war zum Teil in Läden, in die ich sonst nie gehe. Und an der Kasse habe ich oft peinliche Kommentare gemacht, weil es mir dann doch unangenehm war, da mit zwei Packungen zu stehen. Ich habe gelacht und Sachen gesagt wie: „Na, jetzt wollen wir heute mal wieder so richtig horten, haha!“

ToiPaper-Projekt: Oliver Sauer und Manu Agah haben die Klopapier-Fotos gemacht.

Schauspieler Oliver Sauer hat das Projekt zusammen mit dem Fotografen Manu Agah realisiert.

Foto:

Manu Agah

Herzlichen Dank an 2020: Plötzlich kostet es Überwindung, Klopapier zu kaufen.

Ich war jedenfalls nicht cool dabei. Es ist ja auch kein besonders soziales Verhalten, mehr zu kaufen als man braucht. Das gab auch mal einen Kommentar von der Verkäuferin in meinem Stamm-Budni. Die guckte die Packungen an, grinste und fragte: Hatten wir das nicht gerade erst?

Wie hat Ihre Familie auf die Aktion reagiert?

Ich habe zwei Kinder, der Kleene ist fünf, für den war das ein Riesenspielplatz. Mal so viel Klopapier zu haben, dass man hochklettern kann und dann auf so einem Turm aus Klopapier sitzt, der irgendwann zusammenfällt – das ist natürlich toll. Die Große ist 17, die hat den künstlerischen Aspekt gesehen und fand das von der Seite spannend.

Dank Klopapier: Riesiger Spielplatz im Wohnung

Keiner hat also gedacht: Um Gottes Willen, jetzt hat er den Verstand verloren?

Nee, die kennen mich ja auch schon ein bisschen länger. 

Die Fotos sehen so aus, als hätten Sie viel Spaß gehabt bei den Terminen. Oder war das vor allem Arbeit?

Auf jeden Fall Spaß! Die Menschen, die da waren, sind alle super. Es war eine gute Stimmung. Aber natürlich war es auch Arbeit. Für das Mumien-Foto beispielsweise habe ich zwei Stunden an Ole Schloßhauer rumgewickelt. Zwischendurch dachte ich, ich schaffe es nicht. Das wird tatsächlich zur Sisyphusarbeit, denn das Papier besteht ja hauptsächlich aus Sollrissstellen. Und wenn du einen gewissen Teil geschafft hast, kannst du mit großer Sicherheit annehmen, dass irgendwann irgendwo ein Riss passiert. Aber an der falschen Stelle und im falschen Moment – und dann ist wieder alles weg. Wir haben es aber eigentlich immer geschafft, innerhalb von zwei Stunden zum Punkt zu kommen. Die Geburtstagsfeier mit Dania Hohmann zeigt eine Frau, die da alleine sitzt und sich selbst Klopapier schenkt – da hat es sehr lange gedauert, bis wir das Setting hatten. Das Foto ging dann ganz schnell. Für mich war das Beste daran, dass mir jedes Shooting gute Energie für den ganzen Tag gegeben hat.

Geburtstag alleine: „ToiPaper“-Porträt von Dania Hohmann

Perfekt unperfekt: Theaterregisseurin Dania Hohmann feiert für das Foto Corona-konform Geburtstag – alleine.

Foto:

Manu Agah

Um mal im Klo-Jargon zu bleiben: Für Sie als freier Schauspieler ist das gerade eine extreme Schiet-Situation, oder?

Das Jahr war bescheiden, ja. Absolut. Wobei ich sagen muss, dass ich nach dem ersten Lockdown drehen konnte. Ich bin nicht auf Theater konzentriert, daher hatte ich Möglichkeiten zu arbeiten. Ansonsten kann man dieses Jahr nicht anders bezeichnen, ja.

„Rote Rosen“-Star: Schauspieler sind systemrelevant!

Was hat Sie besonders getroffen?

Zu erkennen, dass man als Schauspieler oder Künstler keinen systemrelevanten Beruf ausübt – und dass deshalb beispielsweise das Kind nicht in die Kita darf. Aber mal ehrlich: Wie viele Menschen würden gerade am Rad drehen, wenn sie keine Musik hören könnten? Und ist es nicht so, dass Filme und Serien gerade dabei helfen, dass die Leute nicht komplett durchdrehen? Alle, die diese Kunst machen, sind verdammt nochmal auch systemrelevant. Wir vor der Kamera sind ja nur die, die man sieht. Ich drehe aber in einem Team, das sind im Schnitt 60 Menschen, die einen Film von A bis Z produzieren. Und alle sind relevant – denn sie sorgen dafür, dass sowas überhaupt entsteht. Da hakt es meiner Meinung nach.

Was meinen Sie: Wie wird Ihr 2021?

Bei mir bleibt es immer spannend, weil ich frei arbeite und nie genau weiß, was kommt. Aber es gibt einige konkrete Anfragen. Es wird gedreht, es wird produziert – was TV und Filme betrifft, da ist alles am Laufen. Ich bin ganz guter Dinge. Und für die anderen Branchen hoffe ich einfach sehr, dass die Situation sich bald normalisiert und alle wieder arbeiten dürfen.

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