Mitte-Chef zu Corona auf dem Kiez: „Wir wollen ja, dass die Menschen weiter Spaß haben“
Macht sich rund um die Reeperbahn ein Bild von der Lage: Mitte Bezirks-Chef Falko Droßmann
Foto: Röer
Seit Wochen ist Falko Droßmann (SPD) an den Wochenenden zwischen Herbertstraße und Großer Freiheit, Hans-Albers-Platz und Hamburger Berg unterwegs. Spricht mit Barleuten und Clubbetreibern, trifft dabei auf Akzeptanz, beobachtet allerdings auch immer wieder dreiste Regelverstöße und muss sich Ausreden anhören – so berichtet es der Chef des Bezirksamts in Hamburg-Mitte. Im MOPO-Interview lässt Droßmann durchklingen, wie schwer die Umsetzung der neuen Masken-Regeln des Senats für seinen Bezirk ist. Und bei welchen Punkten er gern mitreden würde.
MOPO: Herr Droßmann, St. Pauli lebt vom Feiern, vom Exzess, vom Sex – von vielem, was momentan nur sehr eingeschränkt möglich ist. Wie schlimm steht es aus Ihrer Sicht um den Kiez?
Falko Droßmann: Es gibt wenige, die viele in Gefahr bringen, weil sie jede Regel ignorieren und sich einfach komplett danebenbenehmen. Und es gibt zum Glück sehr viele, die sich an die Regeln halten und zeigen, was trotz der Lage alles möglich ist. Natürlich ist der Kiez nicht mehr so, wie wir ihn vor Corona kannten. Aber wir können auch auf St. Pauli nicht ignorieren, dass es diese Pandemie gibt.
Am Wochenende waren Sie auch wieder persönlich rund um die Reeperbahn unterwegs. Was hat Sie dabei am meisten schockiert?
Vor drei Wochen war ich zum Beispiel in einer Shishabar. Ich habe dem Betreiber im Detail erklärt, warum es während einer Pandemie nicht sinnvoll ist, eine Shisha zu teilen, sprich das Mundstück an verschiedene Personen weiterzureichen. Jetzt waren wir erneut vor Ort – und haben beobachtet, dass schon wieder in vielen Fällen die Regeln missachtet wurden. Dafür fehlt mir jedes Verständnis.
Ärgerlich finde ich es auch, wenn wir kontrollieren wollen und uns die Türsteher aufhalten, damit drinnen „aufgeräumt“ werden kann, bevor wir reingehen. Da wirst du ins Gespräch verwickelt und im Hintergrund rennt die Security durch den Club, schaltet das Licht ein, dreht die Musik runter, schickt die Leute auf ihre Plätze.
Bahnt sich auf dem Kiez eine Eskalation zwischen Türstehern und Ordnungskräften an?
Nein, so würde ich das nicht nennen. Dahinter stecken ja ohnehin die Betreiber, man sollte jetzt nicht alles auf die Türsteher schieben. Aber wenn wir diese Masche mitbekommen, dann wird der Laden geschlossen – und zwar gleich für einen längeren Zeitraum. Es kann einfach keiner mehr erzählen, er habe noch nie von Regeln gehört, die er einhalten muss.
Seit Montag gilt die Maskenpflicht an bestimmten öffentlichen Orten zu bestimmten Zeiten – viele dieser Orte liegen in Ihrem Bezirk. Ein Beispiel: In der Talstraße muss man donnerstags keine Maske tragen, freitags ab 18 Uhr aber schon – dann allerdings nur von Hausnummer 1 bis 36. Ziemlich unübersichtlich, oder?
Die Entscheidung hat der Senat getroffen, also müssen Sie diese Frage an den Senat richten. Wir setzen nur um, was dort entschieden wird.
Klingt nicht nach Begeisterung.
Ich finde es grundsätzlich nicht falsch, die Maskenpflicht für bestimmte öffentliche Orte festzulegen. Schauen wir uns die Große Freiheit an: Die war am vergangenen Freitag wieder so voll, dass wir den Zugang kontrollieren mussten.
Wäre eine etwas einheitlichere und verständlichere Regelung nicht sinnvoller gewesen? Die Menschen müssen jetzt mit einer Art Zonen-Plan durch die Stadt laufen, um immer nachschlagen zu können, wo sie wann eine Maske tragen müssen.
Ich bin der Meinung, dass wir die Regeln so einfach und verständlich wie möglich halten sollten. Aber der Senat wird seine Gründe für diesen Weg haben. Wir müssen uns jetzt überlegen, wie wir die Verbote bekannt machen können – und werden Schilder aufstellen. Ein sehr großer Aufwand.
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Und was machen Sie, wenn der Senat die Regeln übermorgen wieder ändert? Stellen Sie dann neue Schilder auf?
Ich hoffe natürlich, dass das nicht der Fall sein wird. Aber genau solche Punkte diskutieren wir aktuell mit der Behörde von Katharina Fegebank (Grüne), die ja im Senat die Stimme der Bezirke ist. Ich hoffe, dass unsere Hinweise erhört werden. Denn wir Bezirke können nur Mögliches möglich machen. Nehmen wir Ihr Beispiel: Sollte die Behörde jetzt alle paar Tage die Uhrzeiten für das Maskenverbot neu festlegen, wäre das für uns in der Umsetzung ein gravierendes Problem.
Im Moment ist die Gruppe der 20- bis 40-Jährigen in aller Munde, da sich in dieser Altersgruppe auffällig viele beim Feiern mit dem Virus infizieren. Haben Sie auch ein wenig Verständnis dafür, dass junge Menschen eben auch in Corona-Zeiten mal feiern wollen?
Doch, vollstes Verständnis. Genau deshalb mache ich doch seit Monaten diese Kontrollen. Damit wir die Läden auf St. Pauli eben nicht alle dichtmachen müssen, sondern die Menschen weiter ihren Spaß haben können. Aber die, die sich partout nicht an Regeln halten wollen, müssen eben auch die Konsequenzen spüren.